MSK – Muskuloskelettale Physiotherapie 2022; 26(01): 59
DOI: 10.1055/a-1685-6519
Buchbesprechung

Evidenzbasierte Physiotherapie verstehen – Evidenz in passender Dosierung

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Das Thema „Evidenz“ durchläuft in der Physiotherapie ähnliche Zyklen, wie so manche Themen und Therapieverfahren, die dadurch in die Diskussion kamen. Der Begriff kam aus dem Ausland und anfangs konnte kaum jemand etwas damit anfangen. Ein paar wenige Fachleute nahmen das richtig wichtig und wurden erst mal schräg angeschaut. Nach und nach interessierten sich mehr Physios dafür und irgendwann war es dann ständig und überall im Gespräch. Schnell bildeten sich verschiedene Lager. Von den „Evidenz-Hardlinern“ mit rudimentärem Bezug zur klinischen Realität bis hin zu den „Quer-Schräg- und Nixdenkern“, welche die eigene Meinung und Erfahrung konsequent über alles stellen. Die Wogen haben sich inzwischen geglättet und nur wenige sehen die Wissenschaft noch als den Erzfeind der Physiotherapie an.

Literatur zu dem Thema Evidenz kommt immer noch bisweilen recht sperrig daher. Auch die „Frühwerke“ von Andreas Alt machen da meines Erachtens keine Ausnahme. Ich hatte es zum Beispiel nicht geschafft, mich 2017 durch sein Buch „Physiotherapie Grundlagen (Best Practice)“ zu kämpfen.

Mit dem vorliegenden Buch ist es Andreas Alt und Michael Sommer jedoch gelungen, das Ganze lesbar und teils sogar unterhaltsam zu gestalten. Die 100 Seiten zur evidenzbasierten Physiotherapie haben meines Erachtens das Zeug dazu, sowohl Physiotherapeut*innen in Ausbildung und Studium als auch berufserfahrenen Kolleg*innen das Thema in passender Dosierung näher zu bringen. Die Abschnitte sind kurz genug und wichtige Informationen kommen prägnant rüber. Die Hemmschwelle, sich mit diesem grundlegend wichtigen Thema zu befassen, sinkt mit dem Werk auf Meereshöhe.

Um die Umsetzung der Theorie in die Praxis darzustellen, stellen die Autoren vier Fallbeispiele mit Verläufen vor. Mir gefällt, dass sie dabei unterschiedliche Patientenfälle beschreiben – Fälle mit Rückenschmerz, Insertionstendinopathie der Patella, COPD und Morbus Parkinson. Ich hätte mir hierzu jedoch ein paar Bilder gewünscht. Damit würde das Ganze griffiger, realer und letztlich nachvollziehbarer. Für meinen Geschmack bleibt es nun etwas trocken und theoretisch.

Das Layout ist mir manchmal etwas zu unruhig, aber das ist vielleicht meinem fortgeschrittenen Alter geschuldet. Der Haupt-Zielgruppe gefällt es wahrscheinlich. Auf der anderen Seite finde ich es gut, dass die Verantwortlichen das A4-Format gewählt haben. Das Buch liegt dadurch gut auf dem Tisch und bietet genügend Platz für Notizen und Unterstreichungen – das ist praktisch.

Besonders gut finde ich die Tipps für konstruktive und zielführende Diskussionen.

Fazit: Prima gemacht! Ich wünsche dem Buch viele Leser*innen!

Georg Supp, Freiburg



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Article published online:
14 February 2022

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