Rofo 2022; 194(04): 400-408
DOI: 10.1055/a-1665-6988
Quality/Quality Assurance

Umgang mit unbeabsichtigten Expositionen bei medizinischen Anwendungen ionisierender Strahlung in der Röntgendiagnostik und interventionellen Radiologie – eine Multi-Center-Studie

Article in several languages: English | deutsch
Birgit Sabine Müller
1   Institute of Medical Physics, Klinikum Nurnberg, Paracelsus Medical University, Nurnberg, Germany
,
Julian Singer
1   Institute of Medical Physics, Klinikum Nurnberg, Paracelsus Medical University, Nurnberg, Germany
,
Georg Stamm
2   Institute for Diagnostic and Interventional Radiology, University Medical Center Gottingen, Gottingen, Germany
,
Lukas Pirl
3   Institute for Diagnostic Radiology and Nuclear medicine, Braunschweig Municipal Hospital, Braunschweig, Germany
,
Markus Borowski
3   Institute for Diagnostic Radiology and Nuclear medicine, Braunschweig Municipal Hospital, Braunschweig, Germany
,
Thomas Hertlein
1   Institute of Medical Physics, Klinikum Nurnberg, Paracelsus Medical University, Nurnberg, Germany
,
Eugenia Rerich
1   Institute of Medical Physics, Klinikum Nurnberg, Paracelsus Medical University, Nurnberg, Germany
4   Medizinphysik-Experten für sonstige Einrichtungen, Charite University Hospital Berlin, Germany
,
Sebastian Trinkl
5   External and Internal Dosimetry, Biokinetics, Federal Office for Radiation Protection Neuherberg, Germany
,
Michael Wucherer
1   Institute of Medical Physics, Klinikum Nurnberg, Paracelsus Medical University, Nurnberg, Germany
,
Josefin Ammon
1   Institute of Medical Physics, Klinikum Nurnberg, Paracelsus Medical University, Nurnberg, Germany
› Author Affiliations
Supported by: Bundesamt für Strahlenschutz 3617S42333

Zusammenfassung

Ziel Entsprechend dem zum 31. Dezember 2018 in Kraft getretenen Strahlenschutzgesetz und der -verordnung (StrlSchG und StrlSchV) sind bedeutsame Vorkommnisse bei der Anwendung ionisierender Strahlung der zuständigen Behörde zu melden. Zudem sind Maßnahmen zu treffen, um Vorkommnisse zu vermeiden, zu erkennen und deren Auswirkungen so gering wie möglich zu halten. Im Rahmen einer Multi-Center-Studie wurde ein Verfahren zur Erfassung von Vorkommnissen entwickelt und dessen Anwendung getestet.

Material und Methoden Über einen Erfassungszeitraum von 12 Monaten dokumentierten 16 verschiedene röntgendiagnostische Einrichtungen Interventionsschwellenüberschreitungen (IntS-Überschreitungen). Zur Dokumentation der IntS-Überschreitungen wurde die Software CIRSrad entwickelt und in den teilnehmenden Einrichtungen implementiert. Die Kriterien zur Definition einer IntS-Überschreitung lagen größtenteils unterhalb der Definition eines Vorkommnisses nach der StrlSchV und wurden weiter gefasst. Alle gemeldeten IntS-Überschreitungen wurden nach 4, 8 und 12 Monaten ausgewertet. Abschließend wurden die Studienteilnehmer zur Nutzung der Software und dem damit verbundenen Aufwand befragt.

Ergebnisse Die Meldequote variierte zwischen den Einrichtungen sowie zwischen den Modalitäten. Aus dem Bereich der Projektionsradiografie wurden die meisten IntS-Überschreitungen gemeldet, gefolgt von der Computertomografie und der therapeutischen Intervention. IntS-Überschreitungen waren auf zahlreiche unterschiedliche Ursachen zurückzuführen, darunter auf die Einstelltechnik (19 %) sowie Bewegung oder mangelnde Kooperationsbereitschaft der Patienten (18 %). Die IntS-Überschreitungen lagen größtenteils unterhalb der gesetzlichen Meldeschwellen eines Vorkommnisses. Der Aufwand für die Erfassung wurde als angemessen bewertet.

Schlussfolgerung Eine wenig aufwendige, den Anforderungen des Strahlenschutzrechts genügende und im Sinne des Risikomanagements sinnvolle Erfassung von Vorkommnissen ist möglich. Regelmäßige Schulungen zur Erkennung von Vorkommnissen und deren Abhandlung, im Umgang mit der Software und bzgl. der rechtlichen Situation aller Beteiligten, sowie ein offener Umgang mit Fehlern im Betrieb erhöhen die Anzahl an Meldungen.

Kernaussagen:

  • Die Software CIRSrad wurde für die Durchführung der Studie und als Prototyp eines künftigen radiologischen Vorkommnis-Management-Systems entwickelt.

  • 586 IntS-Überschreitungen wurden von 16 Einrichtungen im Zeitraum eines Jahres registriert.

  • Regelmäßige Schulungen der Anwender erhöhen die Anzahl an Meldungen.

Zitierweise

  • Müller BS, Singer J, Stamm G et al. Handling of Incidents in the Clinical Application of Ionizing Radiation in Diagnostic and Interventional Radiology – a Multi-center Study. Fortschr Röntgenstr 2022; 194: 400 – 408



Publication History

Received: 28 March 2021

Accepted: 30 September 2021

Article published online:
21 December 2021

© 2021. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany