Z Gastroenterol 2022; 60(01): 126-127
DOI: 10.1055/a-1648-6990
Mitteilungen der Gastro-Liga

Eosinophile Ösophagitis (EoE)

Die eosinophile Ösophagitis (EoE) zählt zu den eosinophilen Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts (EGID). Innerhalb der eosinophilen Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts (EGID) unterscheidet man die primären Formen (eosinophile Ösophagitis, eosinophile Gastritis, eosinophile Gastroenteritis/Kolitis) und sekundäre Formen, die infolge anderer Systemerkrankungen (z. B. Hypereosinophilensyndrom, Autoimmunerkrankungen, Morbus Crohn, Zöliakie), gastrointestinaler Infektionen (z. B. parasitär) oder medikamentenassoziiert auftreten können. Den primären Formen ist immer gemeinsam, dass sie nur diagnostiziert werden, wenn die sekundären Formen ausgeschlossen sind.

Die EoE gehört mittlerweile zu den am besten untersuchten eosinophilen Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts. Das Wissen um die EoE hat sich in den letzten 10 Jahren vervielfacht; die wichtigsten Aspekte sollen im Folgenden zusammengefasst dargestellt werden.

Die EoE ist eine chronische, immunvermittelte Erkrankung, die durch Symptome einer ösophagealen Dysfunktion und einer prädominanten eosinophilen Inflammation der Ösophagusschleimhaut charakterisiert ist. Inzidenz und Prävalenz bei Erwachsenen sind in den letzten Dekaden deutlich angestiegen. Mit einer Inzidenz von 7,7/10 000 und einer Prävalenz von 34/100 000 ist die EoE mittlerweile die zweithäufigste Erkrankung des Ösophagus und die häufigste, wenn eine Dysphagie oder eine Bolusobstruktion symptomatisch zugrunde liegt. Auch wenn in der Erwachsenengruppe vor allem junge Männer betroffen sind, kann die Erkrankung in jedem Lebensalter auftreten. Unbehandelt kann die EoE aufgrund des chronischen Entzündungsprozesses zu einer ösophagealen Fibrose und zur Strikturbildung mit entsprechender Symptomatik führen, sodass nach Diagnosesicherung die Therapie obligat ist und immer auch ein Langzeitmanagement dieser Patienten erfolgen muss.

Die Ursache der Erkrankung ist multifaktoriell, und neben genetischen Faktoren spielen v. a. Umweltfaktoren und Nahrungsallergene eine entscheidende Rolle. Die Immunmechanismen sind dabei IgE-unabhängig, pathophysiologisch einer TH2-Immunantwort entsprechend mit Aktivierung von Eosinophilen und Mastzellen, wobei die Zytokine Eotaxin-2, Interleukine 5 und 13 im Mittelpunkt der Entzündungsreaktion stehen. Häufige Nahrungsmitteltrigger sind Kuhmilch und Weizen, gefolgt von Soja, Eiern, Fisch- und Meeresfrüchten und Nüssen.

Klinisch dominieren bei Jugendlichen und Erwachsenen die Dysphagie und die Bolusobstruktion als typische Leitsymptome. Begleitsymptome sind retrosternales Brennen, Oberbauch- und Thoraxschmerzen. Endoskopisch lassen sich verschiedene Phänotypen (inflammatorisch, fibrotisch, gemischt) unterscheiden. Je länger die Latenz zwischen Symptombeginn und Diagnosestellung ist, desto höher ist die Prävalenz von endoskopischen Strikturen. Das validierte EREFS-Klassifikationssystem der EoE beschreibt semiquantitativ graduierte Majorbefunde (fixierte Ringe, Exsudat, Furchen, Ödem) und Minorbefunde (Krepppapiermukosa, Strikturen). Als histologisches Diagnosekriterium gilt eine Eosinophilenzahl von > 15 pro Gesichtsfeld, wobei dieser Befund nicht spezifisch ist, sondern z. B. auch durch gastroösophagealen Reflux verursacht werden kann. Für die histologische Untersuchung sollen daher mindestens 6 Biopsien aus dem distalen, dem mittleren und dem proximalen Ösophagus entnommen werden, wobei fokale sichtbare Läsionen gezielt biopsiert werden. So gelingt in der Regel sehr zuverlässig die Diagnose einer EoE.

Gemäß aktuellen europäischen Empfehlungen soll Patienten mit gesicherter EoE eine topische Steroidtherapie und/oder eine Eliminationsdiät angeboten werden. Die Wirksamkeit einer Kurzzeittherapie mit topischen Steroiden (Budesonid, Fluticason) ist durch mehrere randomisierte, placebokontrollierte Studien und Metaanalysen gut belegt und führt in einem hohen Prozentsatz zu einer histologischen und klinischen Remission. Mittlerweile gibt es mit der orodispersiblen Budesonidtablette eine zugelassene und geeignete Darreichungsform mit entsprechender Indikation für die Behandlung der EoE. Die reguläre Dosierung liegt bei 2-mal täglich 1 mg für 8–12 Wochen. Auch in der Langzeittherapie ist ein niedrig dosiertes Budesonid effektiv und sicher. Dazu liegen mittlerweile aktuelle und positive Studiendaten (48 Wochen) für die orodispersiblen Budesonidtablette vor; die Dosis mit 2-mal 0,5 mg/Tag war statistisch nicht unterschiedlich zu 2-mal 1 mg/Tag.

Die wissenschaftliche Datenlage zur Wirksamkeit von PPI in der EoE-Therapie ist dagegen im Vergleich zu den topischen Glukokortikoiden deutlich schwächer, da placebokontrollierte Studien fehlen. Publizierte Metaanalysen von prospektiven und retrospektiven Fallsammlungen geben Remissionsraten von bis zu 50 % an. Die PPI-Therapie kann im Rahmen der Therapie der EoE daher erwogen werden, ist in Deutschland aber zur Behandlung der EoE nicht zugelassen.

Nicht nur bei Kindern, sondern auch bei Erwachsenen führt eine 6-Food-Eliminationsdiät (Kuhmilch, Weizen, Eier, Soja, Nüsse, Fisch/Meeresfrüchte) über mindestens 6 Wochen unter Studienbedingungen in einem hohen Prozentsatz zu einer klinisch-histologischen Remission. Reexpositionsstudien bei Erwachsenen haben gezeigt, dass Kuhmilch und Weizen offenbar die häufigsten auslösenden Trigger der Erkrankung sind. Elementardiäten sind ebenfalls wirksam, aber aufgrund ihrer Komplexität in der Praxis nicht umsetzbar. Bei therapierefraktären Strikturen ist eine endoskopische Dilatation sinnvoll und sicher durchführbar. Diese kann zu einer lang anhaltenden Besserung der Dysphagie führen, beeinflusst aber nicht die chronische Entzündung. Risikofaktoren für Komplikationen sind die hochgradige Stenose und die proximale Stenose. Für Immunsuppressiva, Biologika und Antiallergika wurden bisher keine überzeugenden Wirksamkeitsnachweise erbracht, wenngleich zurzeit zahlreiche neue Substanzen in entsprechenden Studien untersucht werden, von denen Dupilumab, schon zugelassen für die atopische Dermatitis und eosinophiles Asthma, derzeit in Phase-III-Studien untersucht wird. Dupilumab ist ein monoklonaler Antikörper, der an die Alpha-Untereinheit des IL-4-Rezeptors bindet und damit sowohl IL-4 als auch IL-13 antagonisiert.



Publication History

Article published online:
18 January 2022

© 2022. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany

 
  • Literatur

  • 1 Walker MM, Potter M, Talley NJ. Eosinophilic gastroenteritis and other eosinophilic gut diseases distal to the oesophagus. Lancet Gastroenterol Hepatol 2018; 3: 271-280
  • 2 Miehlke S, von Arnim U, Schlag C. et al. Therapie der eosinophilen Ösophagitis – Fortschritte und Perspektiven. Z Gastroenterol 2021; 59: 869-878