Dialyse aktuell 2022; 26(01): 20
DOI: 10.1055/a-1521-4186
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Peritonealdialyse in „unmöglichen“ Situationen

Ferruh Artunc
1   Tübingen
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Prof. Dr. med. Ferruh Artunc, Tübingen

Das Schwerpunktthema dieser Ausgabe der „Dialyse aktuell“ befasst sich mit der Peritonealdialyse (PD) in „unmöglichen“ Situationen. Trotz der guten Studienlage und guter Behandlungsergebnisse ist die PD als Nierenersatztherapie nach wie vor unterrepräsentiert. Als einer der Gründe wird die Ansicht angeführt, dass die PD nicht universell eingesetzt werden könne und es Situationen gebe, bei der eine PD als unmöglich oder gar kontraindiziert sei. Bei genauem Hinsehen sind diese Situationen gar nicht so zahlreich, und die Kontraindikationen für eine PD sind immer weniger geworden. In den letzten Jahren haben wir am Universitätsklinikum Tübingen Behandlungskonzepte entwickelt, um die PD auch für Patienten in „unmöglichen“ Situationen anzubieten und diese von manchen Patienten favorisierte Heimtherapie zu ermöglichen.

Die Adipositas ist bei Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz eine häufige Komorbidität und wird oft als relative Kontraindikation für eine PD gesehen, zumal der Bauchumfang die PD-Katheter-Anlage stark erschwert. Im ersten Beitrag mit dem Titel „Intraperitoneal verlängerter Peritonealdialysekatheter bei Adipositas – Von der Idee zur Umsetzung“ stellt Michael Sayer, Tübingen, dar, wie die PD-Katheter-Anlage bei adipösen Patienten verbessert und die PD bei diesem Kollektiv ermöglicht werden kann. In seinem Beitrag stellt er die Behandlungsergebnisse der 10 Jahre mit seiner eigens konzipierten PD-Katheter-Modifikation vor.

Die Entwicklung eines Hydrothorax ist eine Komplikation der PD, die auf eine pleuroperitoneale Leckage durch Zwerchfelldefekte beruht und konservativ meist nicht behoben werden kann. Nach dem Auftreten von Rezidiven erscheint die Fortführung der PD in dieser Situation unmöglich. Vielversprechend ist hingegen ein operativer Verschluss mithilfe einer videoassistierten Thorakoskopie. In meinem Beitrag mit dem Titel „Die pleuroperitoneale Leckage – Bedeutet dies das Ende der Peritonealdialyse?“ stelle ich dar, wie Patienten mit dieser Methode am Universitätsklinikum Tübingen behandelt werden und die PD erhalten werden kann.

Die Notwendigkeit eines ungeplanten Dialysestarts ist trotz engmaschiger Betreuung ein häufig anzutreffendes Problem. In dieser Situation wird gewöhnlich eine Hämodialyse (HD) über einen temporären Dialysekatheter begonnen, mit den typischen Komplikationen. Das in den letzten Jahren entwickelte Konzept des ungeplanten PD-Starts könnte hier bisweilen eine sinnvolle Alternative darstellen. In meinem Beitrag mit dem Titel „Der ungeplante Start mit der Peritonealdialyse – Wenn die Zeit drängt“ stelle ich das Konzept des ungeplanten PD-Starts vor und schildere die Etablierung eines Programms zur Umsetzung des ungeplanten PD-Starts am Universitätsklinikum Tübingen. Eigene Erfahrungen zeigen, dass damit die Häufigkeit an Akut-HD reduziert werden kann.

Im Journal-Club referiere ich aktuelle Aspekte von COVID-19 in Bezug auf die Peritonealdialyse, die für in der PD tätige Kollegen relevant und wissenswert sind. Dabei geht es um die Häufigkeit und Prognose von COVID-19 bei PD-Patienten sowie die Frage nach der Infektiosität des Dialysats. Interessant erscheint die Anwendung der PD zur Behandlung von COVID-19-assoziiertem akutem Nierenversagen. Mittlerweile liegen auch Studienergebnisse zur Effektivität der Impfung bei PD-Patienten vor.

Ich wünsche eine angenehme Lektüre und stehe für Rückmeldungen gerne zur Verfügung.



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Article published online:
08 February 2022

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