Sprache · Stimme · Gehör 2021; 45(02): 60-62
DOI: 10.1055/a-1459-9483
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Der Hörgeräte-Effekt

Auch Nicht-Schulkinder erkennen körperliche und sensorische Behinderungen – vor allem, wenn sie an medizinischen Hilfsmitteln sichtbar sind (z. B. Rollstuhl, Hörgerät). Die Einbindung von behinderten Kindern in Bildungsumgebungen und populären Unterhaltungsmedien wie Fernsehen („Sesamstrasse“; bereits in den 1970ern) sollte deren Akzeptanz und damit gleichsam ihre soziale Integration in Klassenverbänden und in der Gesellschaft fördern. Doch erst die 2006 verabschiedete UN-Behindertenrechtskonvention sicherte das uneingeschränkte und selbstverständliche Recht von Behinderten auf Teilhabe an der Gesellschaft; sie trat in Deutschland 2009 und in der EU 2011 in Kraft.

Fazit
  • Bei normalhörenden Kindern im Alter von 6–11 Jahren war die negative Einstellung gegenüber Kindern mit Hörgeräten weiterhin zu beobachten. Demnach ist der Hörgeräte-Effekt noch ein existentes Phänomen. An dieser Stelle ist anzumerken: Auch bei Erwachsenen ist der Hörgeräte-Effekt im 21. Jahrhundert nicht ganz verschwunden, doch zumindest ist er kleiner geworden [5].

  • Für normalhörende Kinder scheint somit Aufklärung notwendig zu sein, um deren Einstellungen gegenüber gleichaltrigen Behinderten zu verbessern und soziale Interaktion mit ihnen zu steigern. Frühförder*rinnen und Lehrer*innen sollten Situationen schaffen, die soziale Interaktionen und Freundschaften zwischen hörgesunden Kindern und solchen mit apparativ versorgtem Hörverlust erleichtern, insbesondere in inklusiven Bildungsumgebungen.

  • Obwohl zusätzliche Studien nötig sind, um die wirksamsten Methoden zur Abschwächung des Hörgeräte-Effekts bei Kindern zu ermitteln, sind vorab pädagogische Anregungen für normalhörende Kinder zu empfehlen, die durch reale Interaktionen mit hörgerätversorgten Kindern sowie entsprechende Elternprogramme zur Gestaltung pädagogischer Praxis unter inklusiver Zielsetzung zu ergänzen sind.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
07. Juni 2021

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