Gastroenterologie up2date 2021; 17(03): 253-270
DOI: 10.1055/a-1399-5930
Spezielle Themen

Nahrungsmittelunverträglichkeiten im Kindes- und Jugendalter

Sebastian Stricker
,
Jan de Laffolie
,
Burkhard Brosig
,
Klaus-Peter Zimmer

Nahrungsmittelallergien und -unverträglichkeiten sind häufige Differenzialdiagnosen nicht nur bei gastroenterologischen Symptomen. Oft wird der betreuende Arzt auf Nahrungsmittelunverträglichkeiten angesprochen – dann ist eine ausführliche Anamnese essenziell, um eine zielgerichtete Diagnostik zu ermöglichen und das Risiko einer Überbehandlung zu minimieren. Dieser Beitrag stellt einige häufige Erkrankungen und ein rationales diagnostisches Vorgehen dar.

Kernaussagen
  • Im Kindesalter dominieren primäre Nahrungsmittelallergien, welche eine hohe Tendenz zur Toleranzentwicklung bis zum Schulalter aufweisen.

  • Die Basis der Diagnostik von Nahrungsmittelallergien besteht in der strukturierten Anamnese, gefolgt von standardisierten Sensibilisierungstests (Pricktest/IgE-RAST) sowie spezifischer Eliminationsdiät und oraler Provokation.

  • Der Nachweis einer Nahrungsmittelsensibilisierung lässt keine unmittelbaren Schlüsse auf die klinische Relevanz einer Nahrungsmittelallergie zu.

  • Bei Verdacht auf Zöliakie sollte primär eine serologische Diagnostik mittels Transglutaminase-IgA-Antikörpern unter Ausschluss eines selektiven IgA-Mangels durchgeführt werden.

  • Die NCGS ist eine Differenzialdiagnose im Formenkreis der weizenassoziierten Erkrankungen und sollte nach Ausschluss von Zöliakie und klassischer Weizenallergie mittels doppelblinder plazebokontrollierter Weizenbelastung diagnostiziert werden.

  • Zur Diagnose von Kohlenhydratmalabsorptionen sind symptomatische H2-Atemtests mit standardisiertem Protokoll geeignet.

  • Bei Fruktosemalabsorption darf die individuell tolerierte Menge an Fruktose zugeführt werden.

  • Auch in der Differenzialdiagnostik der Nahrungsmittelunverträglichkeiten müssen chronisch entzündliche Darmerkrankungen und funktionelle Beschwerden (nach aktuellen Rome-IV-Kriterien) mitberücksichtigt werden.

  • Die Überlagerung von Befunden der Nahrungsmittelunverträglichkeit mit einer neurotischer Krankheitsverarbeitung ist häufig, hat eine Tendenz zur Chronifizierung und kann (nur) in Spezialzentren mit doppelter Qualifikation (Gastroenterologie, Psychosomatik) effektiv behandelt werden.



Publication History

Article published online:
04 October 2021

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