Rehabilitation (Stuttg) 2021; 60(02): 72-73
DOI: 10.1055/a-1396-9369
Aktuelles

JobMe – Ambulante berufliche Reha für Menschen mit Epilepsie

Menschen mit Epilepsie sind beim Zugang zum Arbeitsmarkt und zu beruflicher Qualifizierung oft vor erhebliche Probleme gestellt. Maßnahmen zur beruflichen Teilhabe berücksichtigen in der Regel weder die besonderen Erfahrungen und Herausforderungen, mit denen Menschen mit Epilepsie konfrontiert sind, noch ihre Möglichkeiten, die Verlaufsdynamik der Epilepsie im Alltag selbst zu beeinflussen. Auch Arbeitgeber sind häufig verunsichert, ob und wie ein Beruf mit der Erkrankung ausgeübt werden kann. Aufgrund von Versorgungslücken in der sozialen und beruflichen Rehabilitation können Betroffene in frustrierende Phasen der Arbeitslosigkeit geraten, die wiederum u. a. das Anfallsrisiko erhöhen. Die alsterarbeit gGmbH, das Hamburger Epilepsiezentrum und das Bundesprojekt Teilhabe-Epilepsie-Arbeit (TEA) haben daher ein ambulantes Angebot für die berufliche Rehabilitation von Menschen mit Epilepsie und chronischen Anfallsleiden entwickelt und im Herbst 2020 gestartet. Die Vollzeitmaßnahme „JobMe“ ist ein umfassendes Reha-Programm mit Diagnostik, Schulungen, Praktika und Coaching, das epilepsiespezifisches Know-how aus Medizin, Psychologie, Sozialarbeit und Berufspädagogik in den Handlungsfeldern proaktive Krankheitsbewältigung, arbeitsmedizinische Beratung und neuropsychologische Schulung anwendet.

Als größte Belastung erleben viele Epilepsiebetroffene das Gefühl, Anfällen hilflos ausgesetzt zu sein. Anfälle gehen jedoch mit bestimmten, individuell stark variierenden anfallsfördernden Umständen einher und sind daher im Rahmen des sog. Selbst-Handelns beeinflussbar. Ein Leitgedanke der Maßnahme JobMe ist daher das „Empowerment“ der Teilnehmenden: Sie lernen, anfallsauslösende Bedingungen zu identifizieren und das Risiko von Anfällen im beruflichen Alltag zu verringern. Grundlage der arbeitsmedizinischen Beratung, die auch zur beruflichen Orientierung und für die epilepsiebezogene Gefährdungsbeurteilung von Praktikumsplätzen genutzt wird, ist eine präzise Analyse der individuellen Anfallssymptomatik der Teilnehmenden. Die neuropsychologische Unterstützung geht auf neuropsychologische Einschränkungen ein, die zusätzlich zur Anfallsneigung die berufliche Teilhabe erschweren können, selbst wenn sie in normalen Gesprächs- und Arbeitssituationen unbemerkt bleiben. In der Maßnahme werden einerseits Techniken zum Abbau bzw. Ausgleich solcher Einschränkungen vermittelt, andererseits werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer darin geschult, ihre Potenziale, Risiken und Belastungsgrenzen realistisch einzuschätzen und selbstbewusst zu kommunizieren. Durch die gezielte Förderung einer souveränen Gesundheitssorge im beruflichen Kontext wird die Voraussetzung für eine nachhaltig erfolgreiche Berufstätigkeit geschaffen. Weitere Informationen zur Maßnahme sind auf der Website www.alsterarbeit.de zu finden.

(Quelle: alsterarbeit gGmbH)



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Article published online:
15 April 2021

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