Neonatologie Scan 2021; 10(02): 85-86
DOI: 10.1055/a-1314-0883
Editorial

Die Tücke steckt im Detail …

Axel Hübler
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Roland Hentschel
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Axel Hübler
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Roland Hentschel

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

kürzlich veröffentlichten zwei renommierte wissenschaftliche Fachgesellschaften, ILCOR [1] und ERC [2], konsentierte Stellungnahmen zu Reanimationsmaßnahmen bei Neugeborenen. Diese Leitlinien definieren Rahmenbedingungen für unser klinisches Vorgehen. Darüber hinaus ist ihre Beachtung in der von Komplikationen nicht freien Perinatologie bei Schadensfällen juristisch durchaus von Relevanz. Allerdings steckt die Tücke, wie so häufig, im Detail. So wird beispielsweise für die therapeutische Hypothermie in den „Reanimation 2021 – Leitlinien kompakt“ des Deutschen Rates für Wiederbelebung (GRC) ausgeführt: „Nach erfolgreicher Reanimation soll erwogen werden, Neugeborene, die klinische und/oder biochemische Hinweise auf ein signifikant erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer mittelschweren oder schweren hypoxisch-ischämische Enzephalopathie aufweisen, einer therapeutischen Hypothermie von 33–34°C zuzuführen“ [3]. Ein Verweis auf das Reifealter des Neugeborenen, ab welchem die therapeutische Hypothermie eingesetzt werden soll, fehlt. Die S2k-Leitlinie „Behandlung der neonatalen Asphyxie unter besonderer Berücksichtigung der therapeutischen Hypothermie“ der AWMF wiederum, in welcher als ein Einschlusskriterium ein „Gestationsalter >36 SSW“ empfohlen wurde, war zunächst nur bis 06/2018 gültig [4].

Für die klinische Praxis bedeutet dies, dass derzeit Orientierungen fehlen, bis zu welchem Reifealter die therapeutische Hypothermie als individueller Heilversuch gilt und ab wann sie eine empfohlene Therapie darstellt. In dieser etwas unübersichtlichen Datenlage hat Helmut Küster in seinem Gast-Editorial die aktuell publizierten Stellungnahmen von ILCOR und ERC einer kritischen Analyse unterzogen und hilft uns damit, eine Anzahl neuer Aspekte der Empfehlungen besser bewerten zu können.

Im Diskussionsteil haben für Sie Irena Neustädter und Mario Rüdiger die Studie von Pejovic et al. aus dem New England Journal of Medicine zum Einsatz von Larynxmaske versus Gesichtsmaske kommentiert, Ekkehard Schleußner die Beobachtungen von Hederman et al. aus dem Archive of Diseases in Childhood zu Geburtenraten von Frühgeborenen im COVID-19-Lockdown in Dänemark. Im Fortbildungsteil widmen sich Daniel Klotz und Roland Elling dem Thema „Muttermilch als Vektor für infektiöse Erkrankungen – Praktische Aspekte“, während Lukas Galow, Jakob Armann und Reinhard Berner für Sie klinisch relevante Fragen zu „Impfungen bei Risikoneugeborenen und -säuglingen“ beantworten. Allen genannten Kolleginnen und Kollegen sind wir für ihre aktiven Beiträge außerordentlich dankbar.

Gleichzeitig danken wir Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, für Ihr erneutes Interesse an der Neonatologie Scan und wünschen Ihnen eine erkenntnisreiche und unterhaltsame Lektüre.

Bleiben Sie gesund!

Ihre Herausgeber
PD Dr. med. Axel Hübler
Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin
Klinikum Chemnitz gGmbH

Prof. Dr. med. Roland Hentschel
Leiter des Funktionsbereichs Neonatologie/Intensivmedizin
Universitätsklinikum Freiburg



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Article published online:
20 May 2021

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