Z Geburtshilfe Neonatol 2021; 225(03): 197
DOI: 10.1055/a-1305-5517
Editorial

Die Geburt der ZGN

Christian P. Speer
1   Kinderklinik, Universitätsklinikum Würzburg
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Liebe Leserinnen und liebe Leser,

vor mehr als 25 Jahren erhielt ich einen Anruf von Prof. Werner Rath, der vorsichtig anfragte, ob ich mich als Neonatologe an der „Reanimation“ der „Zeitschrift für Perinatalmedizin“ beteiligen könnte. Dieses in der Nachfolge der 1876 gegründeten „Zeitschrift für Geburtshülfe und Frauenkrankheiten“ stehende Journal hatte in den frühen 1990er-Jahren die Bedeutung als wissenschaftliches Publikationsorgan verloren und so wurde von Seiten des Verlags erwogen, die traditionelle Fachzeitschrift einzustellen. Werner Rath wurde als Geburtshelfer um ein neues inhaltliches Konzept gebeten, und wir waren uns rasch einig, dass sich die beiden eng kooperierenden Spezialbereiche der Geburtshilfe und Neonatologie in einer neu zu begründenden Zeitschrift wiederfinden und artikulieren sollten und darüber hinaus gemeinsame wissenschaftliche Fragestellungen und klinische Problemsituationen der Perinatalmedizin beleuchten sollten. Um dieses Ziel zu erreichen, galt es, ein stringentes Begutachtungsverfahren einzuführen, die wissenschaftlich interessierten und aktiven Geburtshelfer und Neonatologen auf die „Zeitschrift für Geburtshilfe und Neonatologie“ aufmerksam zu machen und sie nach Möglichkeit als Fachgutachter zu gewinnen; in Zeiten, die zunehmend von „Impact“-Faktoren und somit leistungsorientierter Mittelzuweisung Medizinischer Fakultäten definiert werden, ein manchmal äußerst aufwendiges und aufreibendes Unterfangen. Die Herausgeber der ZGN möchten an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich allen wissenschaftlichen Beiräten und Gutachtern danken, dass sie die Qualität von eingereichten Manuskripten kritisch überprüfen und hilfreiche Verbesserungsvorschläge unterbreiten. Über die Jahre hat die Sichtbarkeit der ZGN – auch als Organ der „Deutschen Gesellschaft für Perinatalmedizin“ – deutlich zugenommen und das ist zum einen den Autoren wissenschaftlicher Beiträge, zum anderen aber auch einem engagierten Publikationsteam des Thieme-Verlags zu verdanken.

Diese Ausgabe der ZGN spiegelt einmal mehr das breite Spektrum der Geburtshilfe und Neonatologie wider. In einer faszinierenden Übersicht beschreibt Prof. Dominique Singer, Editor-in-Chief, die komplexen intrauterinen und subpartualen Anpassungsmechanismen des Feten und Neugeborenen. So erfährt der erstaunte Leser u.a., was der Tauchreflex bei aquatischen Säugetieren mit dem „Tauchgang“ des Neugeborenen im Geburtskanal verbindet oder der Winterschlaf von Säugetieren über den fetalen Stoffwechsel aussagt.

Die Originalarbeiten befassen sich u.a. mit dem Einfluss eines Vitamin-D-Mangels auf den möglichen Implantationserfolg nach In-vitro-Fertilisation, den Gründen für einen Alkoholkonsum während der Schwangerschaft oder der Situation Schwangerer mit Gestationsdiabetes (GDM) unter besonderer Berücksichtigung des Migrationsstatus. Die Berliner Daten konnten die Hypothese, dass bei GDM-Patientinnen mit Migrationshintergrund häufiger Geburtseinleitungen aufgrund der Verdachtsdiagnose eines makrosomen Fetus erforderlich sind, nicht bestätigen. In einer Untersuchung zur mütterlichen Adipositas wurde ein negativer Einfluss auf verschiedene geburtshilfliche Parameter und das neonatale Outcome bestätigt.

Eine methodische Arbeit kommt zu dem Schluss, dass die Bestimmung des fetalen Hämoglobins bei Früh- und Neugeborenen mittels eines Blutgasanalysegeräts nur unzureichende Ergebnisse liefert und daher nicht für klinische und wissenschaftliche Entscheidungsfindungen empfohlen werden kann. Neben einigen weiteren Originalarbeiten und Kasuistiken rundet die Rubrik „Geschichte der Perinatalmedizin“ diese Ausgabe der ZGN ab. Die Herausgeber begrüßen an dieser Stelle herzlich die Professoren Matthias David und Andreas D. Ebert, Berlin, die mit dem Thema „Forzeps mit integriertem Dynamometer von Samuel Kristeller“ diese Reihe wiedereröffnen.

In der Hoffnung, dass wir die „bleierne“ Zeit der SARS-CoV-2-Pandemie bald überwunden haben werden, verbleibe ich mit besten Grüßen

Ihr



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Article published online:
23 June 2021

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