Diabetes aktuell 2020; 18(08): 307
DOI: 10.1055/a-1296-1098
Editorial

Das Diabetesrisiko senken – gerade auch in „harten Pandemie-Zeiten“

Antje Bergmann
1   Dresden
,
Peter E.H. Schwarz
2   Dresden
› Author Affiliations

Wer von Ihnen als Leserinnen und Lesern hat an den Weltdiabetestag am 14. November gedacht? Dabei sind gerade auch die Entwicklungen der letzten Wochen und Monate für uns Behandler beim Management unserer Patienten mit Diabetes mellitus wichtig. Zum einen ist nachgewiesen und unstrittig, dass ein manifester Diabetes das Risiko für einen schweren Verlauf der durch das Coronavirus ausgelösten Covid-19-Erkrankung erhöhen kann. Ebenso ist die Adipositas ein eigenständiger Risikofaktor, an schwereren Verlaufsformen zu erkranken.

Prof. Hans Hauner, Direktor des Else-Kröner-Fresenius-Zentrums für Ernährungsmedizin an der TU München und Vorstandsvorsitzender der Deutschen Diabetes Stiftung, untersuchte in der Forsa-Studie, wie sich das Gewicht in Pandemiezeiten verändert. Die erschreckende Erkenntnis aus der Studie: 9 % der Kinder unter 14 Jahren haben im ersten Lockdown zugenommen. Aber auch die Eltern waren betroffen: 27 % der Befragten nahmen zu – besonders diejenigen mit einem ohnehin schon erhöhten Body-Mass-Index. Was wird in den nächsten Jahren auf uns alle zukommen, wenn beispielsweise Sportstätten geschlossen bleiben und der Bewegungsradius in den nächsten Monaten weiter eingeschränkt ist?

Egal ob bei Kindern oder bei Erwachsenen – für angestrebte Lebensstilinterventionen ist gerade eine „harte Zeit“. Erschwerte Bedingungen, wie die, denen wir uns jetzt gegenüber sehen, führen nicht selten zu frustranen Versuchen, die Fitness zu steigern, Gewicht zu verlieren und so „dem Diabetes davon zu rennen“.

Dabei wäre es gar nicht so schwer: Schon eine moderate Gewichtsreduktion von bereits 5 % lässt das Diabetesrisiko um über die Hälfte sinken, wie wir aus der bereits 2010 publizierten EPIC-Studie wissen. Die Kehrseite der Medaille: Wenn 12 Kilogramm und mehr Gewicht „dazukommen“, steigt das Diabetesrisiko bei Männern um das 1,5-Fache, bei Frauen um das 4,3-Fache.

Also: In Zeiten mit eingeschränktem Kontaktverbot, dadurch bedingten geänderten Möglichkeiten für soziale Kontakte und mit fehlenden Optionen zur sportlichen Betätigungen indoor ist ein Umdenken gefragt. Bewegung und körperliche Betätigung sollte im Freien – ob allein oder mit der eigenen Familie – stattfinden, um das Diabetesrisiko für die kommenden Jahre zu senken und damit robuster den zukünftigen viralen Herausforderungen entgegentreten zu können.



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Article published online:
11 December 2020

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