Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2020; 27(06): 259-260
DOI: 10.1055/a-1292-3729
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Unn Klare
1   Behnkenhagen
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Erfolg bei Bekämpfung des Denguefiebers

In den vergangenen 50 Jahren hat sich die Inzidenz des Denguefiebers weltweit verdreißigfacht. Etwa 40 % der Weltbevölkerung leben heutzutage in Dengueendemiegebieten, wo Schätzungen zufolge jährlich etwa 96 Mio. Menschen erkranken und 20 000 von ihnen an den Folgen der Infektion versterben.

Die zur Verfügung stehenden Mittel gegen das Denguefieber sind allerdings noch immer sehr begrenzt: Es gibt zwar seit einigen Jahren einen zugelassenen Impfstoff, der jedoch nur jene schützt, die zuvor bereits eine Infektion durchlebt haben – bei seronegativen Menschen erhöht er dagegen das Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs. Darüber hinaus ist nach wie vor nur eine symptomatische Behandlung möglich.

Die Schutzmaßnahmen konzentrieren sich daher vor allem auf die Mückenbekämpfung. Allerdings bergen viele Ansätze (etwa ein großflächiger Einsatz von Insektiziden oder die Manipulation von Mücken, sodass diese keine zeugungsfähigen Nachkommen produzieren können) auch ein beachtliches Risiko für Mensch und Umwelt.

Bakterium Wobachi pipientis senkt Fallzahlen

Umso erfreulicher sind die Ergebnisse einer diesen Sommer in Indonesien beendeten Studie, derzufolge die Infektion von Mücken mit dem Bakterium Wolbachia pipientis die Denguefallzahlen deutlich senken konnte.

Wolbachia ist ein gramnegatives Bakterium, das natürlicherweise in etwa 60 % aller Insektenarten und in zahlreichen Nematoden vorkommt. Wirbeltiere werden nicht infiziert. Ein Befall mit Wolbachia hat – je nach Wirtsspezies – sehr unterschiedliche Folgen: Für viele Fadenwürmer sind es obligate Symbionten, in anderen Arten sind es dagegen Parasiten, die etwa ein Absterben oder eine Zeugungsunfähigkeit der Nachkommen verursachen. In der Ägyptischen Tigermücke (Stegomyia aegypti) kommt es natürlicherweise nicht vor, in anderen Mückenarten dagegen schon.


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Erfolgversprechende Studienergebnisse

Bereits vor 10 Jahren konnte nachgewiesen werden, dass Ägyptische Tigermücken, die mit dem Wolbachia-Bakterium infiziert wurden, Viruserkrankungen wie das Chikungunya-, Zika-, Dengue- und Gelbfieber nicht mehr übertragen. Eine 2011 in Australien gestarteten Pilotstudie, in der im Labor gezüchtete Mücken freigelassen wurden, zeigte erste Erfolge: Zu Beginn der Studie galt die Region um Cairns (Queensland) noch als Hochrisikogebiet, vergangenes Jahr wurde sie als frei vom Denguefieber erklärt.

Im Jahr 2016 begann eine weitere Untersuchung im indonesischen Yogyakarta: Diese 500 000-Einwohner-Stadt wurde in 24 Sektionen aufgeteilt, in 12 zufällig ausgewählten hiervon wurden die infizierten Mücken freigelassen. Diesen Sommer wurde die Studie (aufgrund der Coronapandemie einige Monate vorzeitig) beendet – in den Gebieten, in denen die Mücken freigelassen worden waren, hatten sich 79 % weniger Menschen infiziert als in den unbehandelten Stadtteilen. In den nächsten Monaten werden noch Ergebnisse zusätzlicher Studien aus 9 weiteren Ländern erwartet.

Sollte das positive Ergebnis dort bestätigt werden, wäre das ein bahnbrechender Erfolg. Nicht nur, dass eine Reduktion um fast 80 % außergewöhnlich ist – die Methode ist auch in anderen Belangen vorbildlich: Zum einen muss die Aussetzung der infizierten Mücken nur ein Mal in ausreichendem Umfang erfolgen, da das Bakterium an die Nachkommen weitergegeben wird. Gleichzeitig werden die Mücken nicht geschädigt, sodass es keinen für die Umwelt schädlichen Zusammenbruch der Mückenpopulationen gibt. Und schließlich wird der Mensch nicht durch Pestizideinsatz gefährdet.


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Publication History

Article published online:
02 February 2021

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