Z Orthop Unfall 2022; 160(02): 190-197
DOI: 10.1055/a-1289-0910
Original Article/Originalarbeit

Die Condylus-ulnaris-humeri-Fraktur des Kindes – eine seltene, aber komplikationsträchtige Verletzung

Artikel in mehreren Sprachen: English | deutsch
Francisco Fernandez Fernandez
1   Orthopaedic Department, Olgahospital Stuttgart, Stuttgart, Germany
,
Christoph Ihle
2   Clinic for Trauma and Restorative Surgery, Trade Association Trauma Clinic Tübingen, Tübingen, Germany
,
Patrick Ziegler
2   Clinic for Trauma and Restorative Surgery, Trade Association Trauma Clinic Tübingen, Tübingen, Germany
,
Thomas Wirth
1   Orthopaedic Department, Olgahospital Stuttgart, Stuttgart, Germany
,
Oliver Eberhardt
1   Orthopaedic Department, Olgahospital Stuttgart, Stuttgart, Germany
› Institutsangaben

Zusammenfassung

Hintergrund Die Fraktur des Condylus ulnaris humeri ist eine sehr seltene Salter-Harris-IV-Verletzung des kindlichen Ellenbogens. Aufgrund stetiger radiologischer Veränderungen am Ellenbogen mit unterschiedlichem Auftreten der Ossifikationskerne sowie einer späten Ossifikation der Trochlea ist die Diagnosestellung eine Herausforderung. Um Langzeitkomplikationen zu vermeiden, sollte dem behandelnden Chirurgen das seltene Krankheitsbild, die Diagnostik und adäquate Therapie bekannt sein.

Material und Methoden Im Rahmen einer retrospektiven Untersuchung wurden alle Kinder erfasst, die eine Condylus-ulnaris-Fraktur zwischen 2002 und 2019 erlitten haben und an einer einzelnen kindertraumatologischen Schwerpunktklinik primär oder sekundär behandelt wurden. Das Follow-up betrug mindestens 12 Monate. Im Rahmen einer klinischen Nachuntersuchung wurde der Bewegungsumfang, die Gelenkstabilität in Valgus- und Varusstress sowie die Achsenverhältnisse im Seitenvergleich überprüft. Zur Objektivierung der funktionellen Ergebnisse wurde der Mayo-Ellenbogen-Performance-Score verwendet.

Ergebnisse 20 Kinder mit einem Durchschnittsalter von 8,6 Jahren (4 – 13) und einer durchschnittlichen Nachbeobachtungszeit von 25 Monaten konnten eingeschlossen werden. Die radiologische Auswertung anhand der Jakob-Fowles-Klassifikation ergab eine Typ-I-Fraktur in 3 Fällen, eine Typ-II-Fraktur in 1 Fall sowie eine Typ-III-Fraktur in 16 Fällen. Bei 3 Kindern wurde eine konservative Behandlung mit Oberarmgips durchgeführt, bei 17 Kindern eine offene Reposition und osteosynthetische Versorgung. Bei 3 Frakturen erfolgte eine verspätete Diagnosestellung. Es traten keine postoperativen Komplikationen wie Infekte, Nervenschäden oder Pseudarthrosen auf. 15 Kinder zeigten eine freie Funktion des Ellenbogens. Drei Kinder zeigten ein leichtes Streckdefizit von unter 10° und 2 Kinder ein Streckdefizit von 10 – 20°. Alle Kinder hatten eine freie Unterarmumwendbewegung. 18 Kinder zeigten eine physiologische und seitengleiche Armachse. Zwei Kinder zeigten einen leicht verstärkten Cubitus valgus mit 5 – 10° Seitendifferenz. Radiologisch zeigten 2 Kinder mit verspätet versorgten Frakturen eine partielle Nekrose der Trochlea. Der Mayo-Ellenbogen-Score zeigte gute (2) bis exzellente Ergebnisse bei allen Kindern (18).

Schlussfolgerung Wird die Diagnose ohne Verzögerung gestellt sowie eine adäquate Therapie durchgeführt, ist mit einem sehr guten klinisch-funktionellen Ergebnis zu rechnen. Das Nichterkennen einer Condylus-ulnaris-Fraktur kann mit der Entwicklung einer Pseudarthrose mit funktionellen Einschränkungen sowie nach operativer Therapie mit einer Trochleanekrose einhergehen. Kinder bis zum 6. Lebensjahr sind hier besonders betroffen aufgrund der Fehleinschätzung der noch knorpeligen Trochlea.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
25. November 2020

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