Der Klinikarzt 2020; 49(09): 357
DOI: 10.1055/a-1236-7130
Zum Thema
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Herzklappen – wohin geht die Reise?

Dirk Westermann
Further Information

Publication History

Publication Date:
19 September 2020 (online)

Herzklappenerkrankungen und deren Therapie sind seit Jahren ein wichtiges und viel diskutiertes Thema in der kardiovaskulären Medizin. Dieser Diskurs ist auch in diesem Jahr unverändert geführt worden und wird sicherlich auch in den nächsten Jahren nicht an Intensität abnehmen. Daher sind in diesem Heft des klinikarzt wesentliche Themen der Epidemiologie und der Versorgung von Herzklappenerkrankungen von führenden Experten aus Deutschland besprochen worden.

Die Interdisziplinarität der Versorgung von Herzklappenerkrankungen ist bekannterweise hoch. So ist es nur passend, dass die Themen dieser Ausgabe sowohl interventionelle Therapien als auch herzchirurgische Themen beinhalten, die jeweils von sowohl kardiologischen als auch herzchirurgischen Kolleginnen und Kollegen gemeinsam verfasst worden sind. Nur gemeinsam im sogenannten „Heart Team“ ist die Versorgung dieser Patienten auf höchstem Niveau zu erreichen und neue Therapieformen können ausschließlich gemeinsam etabliert werden.

Wichtig ist als Grundlage, dass Herzklappenerkrankungen in Zukunft noch häufiger werden. Das gilt für alle Vitien, egal ob an der Aorten-, der Mitral- oder der Trikuspidalklappe. Dabei ist eine präventive Therapie, wie zum Beispiel bei der KHK, nur ungenügend erforscht.

So werden in einem Artikel zum Beispiel zukünftige Therapien der Mitralklappeninsuffizienz besprochen. Hier sind zwar momentan etablierte Therapieverfahren im Sinne des „MitraClip“ vorhanden, aber deren Limitationen und die dadurch neuen Anforderungen werden in diesem Heft dargelegt.

Über die Entwicklung im interventionellen Bereich wird auf Kongressen und auf unzähligen Fortbildungen gesprochen, doch diese Weiterentwicklung gibt es natürlich auch im Bereich der „konventionellen“ Herzchirurgie. So zeigt ein weiterer Artikel in diesem Heft auf, dass gerade an der Mitralklappe minimal-invasive und voll endoskopisch durchgeführte Eingriffe eine optimale Versorgung der Klappenpathologie darstellen können. Damit geht die Entwicklung von für den Patienten schonenden Verfahren „parallel“ im Hybrid-OP aber eben auch im konventionellen OP weiter und wir sind gespannt, wie sich diese Verfahren in Zukunft durchsetzen werden.

In diesem Sinne ist auch die Entwicklung der Therapie der Aortenstenose zu sehen. Wir wissen alle, dass bereits deutlich mehr interventionelle Eingriffe im Sinne einer TAVI als konventionelle OPs mit einem Aortenklappenersatz durchgeführt werden. Die Daten dazu werden aber von sowohl kardiologischen als auch herzchirurgischen Kollegen in diesem Heft kritisch diskutiert. Das ist wichtig, da die sogenannten „low-risk“-Eingriffe, also TAVI-Eingriffe bei jungen Patienten mit sehr geringem Risiko für eine konventionelle OP, sicherlich noch nicht Routine sind und unser Gesundheitssystem vor zusätzliche Herausforderungen stellt. Zur genaueren Einschätzung dieser Therapien sind Studien von entscheidender Bedeutung und die deutschlandweit durchgeführte DEDICATE-Studie wird wichtige Erkenntnisse gewinnen. Erst nach Abschluss dieser und weiterer Studien und deren mittel- bis langfristigen Ergebnissen können wir zu einer klaren Entscheidung kommen.

Noch weiter am Anfang stehen die interventionellen Therapien der Trikuspidalklappe. Hier sind randomisierte Studien noch selten, aber dennoch ist dieses Gebiet stark wachsend und die Zahl der Patienten hoch. Auch dieses Feld wird durch Experten kritisch besprochen und die Zukunft der Therapie der Trikuspidalklappe in diesem Heft beleuchtet.

Insgesamt ist die kardiovaskuläre Medizin durch eine herausragende Evidenz belegt. Diese ist bei den Herzklappenerkrankungen gerade im Entstehen und wird uns den Weg in die Zukunft weisen. Ich bin mir aber sicher, dass die interventionellen Therapiestrategien noch häufiger werden und für viele Patienten eine optimale Strategie darstellen.