Krankenhaushygiene up2date 2020; 15(03): 211-215
DOI: 10.1055/a-1208-4764
Leserbrief

Die maskierte Gesellschaft

S. Ewig
1   Thoraxzentrum Ruhrgebiet, Kliniken für Pneumologie und Infektiologie, EVK Herne und Augusta-Kranken-Anstalt Bochum
,
S. Gatermann
2   Ruhr-Universität Bochum, Institut für Mikrobiologie (IML), Bochum
,
S. Lemmen
3   Universitätsklinikum Aachen, Zentralbereich für Krankenhaushygiene und Infektiologie, Universitätsklinikum Aachen
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Staunen

Wer in diesen Tagen mit offenen Augen durch die Straßen geht, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Viele Menschen, jung und alt, tragen Masken aller Art und aller Farben. Die Maskenvielfalt kennt keine Grenzen. Jeder trägt die Maske, wie er meint: Manche bedecken nahezu das ganze Gesicht, andere nur den Mund, manche liegen dicht an, andere stehen weit ab. Jede Art medizinischer Masken wird getragen, chirurgischer Mund-Nasen-Schutz, FFP-Masken, ohne und mit Ventil. Die meisten tragen Stoffmasken.

Wieder andere haben die Maske vorübergehend abgesetzt, sie liegt am Hals, um jederzeit wieder aufgesetzt werden zu können. Diejenigen, die keine Maske im Freien tragen, haben solche Masken sicher in der Tasche, denn ohne diese kommt man in kein Geschäft und keine Bahn. Also treten sie in ein Geschäft und ziehen die Maske an und fühlen sich sicher. Treten sie aus dem Geschäft, wird die Maske abgenommen und wieder in die Tasche gesteckt. Beim nächsten Geschäft wiederholt sich das Vorgehen. Im Auto darf die Maske nicht getragen werden, also kommt sie auf den Sitz, ins Handschuhfach oder wird am Rückspiegel aufgehängt.

Staunt sonst noch jemand? Offenbar nicht. Denn nichts steht zu lesen, nichts wird berichtet darüber, niemand spricht aus, dass wir alle einen großen Unfug vollziehen, der weder wissenschaftlich begründet, noch plausibel, noch harmlos ist. Alle stimmen täglich zu. Wer nicht folgt, bekommt die überwältigende Überzeugung der Folgsamen zu spüren, denn sie sind sicher, das Richtige zu tun. In einem kürzlichen Editorial des Deutschen Ärzteblatts figuriert das öffentliche Maskentragen zu einem Akt der „Rücksichtsnahme zum Schutz Dritter“ [1].



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
18. August 2020

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