Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2021; 56(07/08): 516-525
DOI: 10.1055/a-1180-0619
Fortbildung

Perioperatives Vorhofflimmern

Perioperative Atrial Fibrillation
Marc Bodenstein
,
Daniel Rohn
,
Michael Schuster
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Zusammenfassung

Ein neu auftretendes Vorhofflimmern ist in der perioperativen Phase ein Risikofaktor für erhöhte Morbidität und Mortalität. Ein Patient, bei dem unmittelbar präoperativ oder intraoperativ ein Vorhofflimmern mit oder ohne schnelle Überleitung neu auftritt, muss kardiologisch vorgestellt werden. Die Verschiebung eines Eingriffs zugunsten einer kardiologischen Vorstellung kann den Heilungsverlauf unter Umständen günstig beeinflussen.

Ein neu auftretendes Vorhofflimmern ist in der perioperativen Phase ein Risikofaktor für erhöhte Morbidität und Mortalität. Ein Patient, bei dem unmittelbar präoperativ oder intraoperativ ein Vorhofflimmern mit oder ohne schnelle Überleitung neu auftritt, muss kardiologisch vorgestellt werden. Die Verschiebung eines Eingriffs zugunsten einer kardiologischen Vorstellung kann den Heilungsverlauf unter Umständen günstig beeinflussen.

Abstract

New atrial fibrillation is a risk factor for increased morbidity and mortality in the perioperative phase. The prevalence and incidence of atrial fibrillation depend on age, previous illnesses and the intercurrent diagnoses in the perioperative phase. Pathomechanisms for both permanent and acute forms of atrial fibrillation relate to electrophysiological, histopathological and other pathophysiological abnormalities. In the perioperative phase, decompensated heart failure, systemic inflammation, sepsis and cardiac surgery are risk factors for conversion to atrial fibrillation and/or rapid transition. The consequences of newly occurring and/or rapidly transferred atrial fibrillation are cardiac instability due to a drop in blood pressure or cardiac output volume or coronary underperfusion due to tachycardia and the risk of thromboembolism. Associated with this is a significantly increased long-term mortality risk in the elderly if atrial fibrillation occurs again in the perioperative phase. The diagnosis of atrial fibrillation is made in the monitor or 12-channel electrocardiogram. Echocardiography and the adenosine test can be included in the differential diagnosis in cases of doubt. Important current guidelines for the treatment of atrial fibrillation are the ESC (atrial fibrillation) and the ERC (Advanced Cardiac Life Support) guidelines. The conversion into the sinus rhythm can be done electrically or medicinally. It is indicated in cases of acute instability or symptomatic atrial fibrillation despite frequency control after cardiac thrombi have been excluded by echocardiography. A step-by-step concept for thromboembolism prophylaxis from initial parenteral and secondary oral therapy must take place up to four weeks after conversion to sinus rhythm or permanently in the case of permanent atrial fibrillation. The individual indication for thromboembolism prophylaxis results from the CHA2-DS2-VASc score.

Kernaussagen
  • Neu aufgetretenes Vorhofflimmern ist in der perioperativen Phase ein Risikofaktor für erhörte Morbidität und Mortalität.

  • Prävalenz und Inzidenz des Vorhofflimmerns sind abhängig von Alter, Vorerkrankungen und den interkurrenten Diagnosen in der perioperativen Phase.

  • Pathomechanismen sowohl für permanente als auch für akute Formen des Vorhofflimmerns betreffen elektrophysiologische, histopathologische und weitere pathophysiologische Normabweichungen.

  • Die dekompensierte Herzinsuffizienz, systemische Inflammation, Sepsis und kardiochirurgischen Operationen sind in der perioperativen Phase Risikofaktoren für eine Konversion in das Vorhofflimmern und/oder die schnelle Überleitung.

  • Folgen des neu aufgetretenen und/oder schnell übergeleiteten Vorhofflimmerns sind kardiale Instabilität durch Blutdruck- oder Herzzeitvolumenabfall oder koronare Minderperfusion durch Tachykardie und das Thromboembolierisiko. Assoziiert damit ist bei Senioren ein deutlich erhöhtes Langzeitmortalitätsrisiko, wenn Vorhofflimmern in der perioperativen Phase neu auftritt.

  • Die Diagnose des Vorhofflimmerns erfolgt im Monitor- oder 12-Kanal-EKG. Die Echokardiografie und der Adenosin-Test können bei Zweifelsfällen in die Differenzialdiagnose einbezogen werden.

  • Wichtige aktuelle Leitlinien für die Therapie des Vorhofflimmerns sind die ESC- (Vorhofflimmern) und die ERC-Leitlinie (Advanced Cardiac Life Support).

  • Die Konversion in den Sinusrhythmus kann elektrisch oder medikamentös erfolgen. Sie ist indiziert bei akuter Instabilität oder bei symptomatischem Vorhofflimmern trotz Frequenzkontrolle nach Ausschluss kardialer Thromben durch Echokardiografie.

  • Ein Stufenkonzept zur Thromboembolieprophylaxe aus initialer parenteraler und sekundärer oraler Therapie muss bis zu 4 Wochen nach Konversion in den Sinusrhythmus oder dauerhaft bei permanentem Vorhofflimmern erfolgen. Die individuelle Indikation zur Thromboembolieprophylaxe ergibt sich aus dem CHA2-DS2-VASc Score.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
23. Juli 2021

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