Krankenhaushygiene up2date 2020; 15(03): 279-295
DOI: 10.1055/a-1174-6591
Infektiologie

Mund-Nasen-Schutz in der Öffentlichkeit: Keine Hinweise für eine Wirksamkeit

Ines Kappstein

Etwa gleichzeitig mit den ersten Lockerungen des Lockdowns im Rahmen der Corona-Pandemie wurde Ende April 2020 von allen Bundesländern in Deutschland eine Maskenpflicht für den ÖPNV und für Geschäfte eingeführt, und das nicht zuletzt aufgrund der „Neubewertung“ durch das Robert Koch-Institut (RKI) [1]. In diesem Beitrag soll die Empfehlung des RKI bewertet werden.

Fazit

Aus einer Maskenpflicht für viele Millionen Bürger in Deutschland können jeden Tag zig-millionenfache Kontaminationen resultieren, die zu einem wesentlichen Teil vermeidbar wären, weil die ohnehin schon häufigen Hand-Gesichts-Kontakte der Menschen durch die Maskenpflicht noch häufiger werden, Händewaschen unterwegs aber nur ausnahmsweise möglich ist. Dabei besteht das Risiko, dass der – schon zwangsläufig – unsachgemäße Umgang mit der Maske und die erhöhte Tendenz, sich selbst ins Gesicht zu fassen, während man die Maske trägt, tatsächlich das Risiko einer Erregerverbreitung und damit Erregerübertragung noch erhöht – ein Risiko, das man doch aber gerade durch die Maske reduzieren will.

Eine Maskenpflicht vermittelt ein falsches Sicherheitsgefühl, und ein falsches Sicherheitsgefühl ist immer ein Sicherheitsrisiko.

Kernaussagen
  • Bei zahlreichen Virusinfektionen beginnt die Erregerausscheidung am Ende der Inkubationszeit, also bevor Krankheitssymptome zu bemerken sind. Dies ist z. B. auch von der Influenza bekannt, weshalb man auch bei COVID-19 schon zu Beginn der Pandemie davon hätte ausgehen können.

  • Bei Auswertung der vom RKI für dessen „Neubewertung“ von Masken im öffentlichen Raum angeführten Publikationen zeigt sich, dass es keine wissenschaftliche Grundlage gibt, mit der der Gebrauch von Masken (gleich welcher Art) in der Öffentlichkeit bei nahezu der gesamten Bevölkerung von Deutschland (abzüglich der Kinder bis 6 Jahre ca. 80 Mio. Menschen) gerechtfertigt werden kann, und aktuelle Untersuchungen zeigen das Gleiche.

  • Im Gegenteil kann eine Maskenpflicht für viele Millionen Menschen im öffentlichen Raum sogar zu einem Infektionsrisiko werden, weil die erforderliche Händehygiene nicht eingehalten werden kann.

  • Indirekte Erregerkontakte über kontaminierte Oberflächen werden durch Masken nicht weniger, sondern kommen im Gegenteil potenziell häufiger zustande als ohne Masken.

  • Bei der Übertragung respiratorischer Viren spielt ein enger (< 1 m) Face-to-Face-Kontakt die entscheidende Rolle, der zudem mindestens über eine gewisse Zeit (≥ 15 min) bestehen muss, damit sich ein Übertragungsrisiko überhaupt verwirklichen kann.

  • Die meisten Kontakte im öffentlichen Raum sind zum einen keine Face-to-Face-Kontakte. Zum anderen dauern sie, selbst wenn sie dennoch stattfinden, meist kürzer als 15 min, sodass eine effektive Übertragung infektiöser Tröpfchen in diesen Situationen sehr unwahrscheinlich erscheint.

  • Abstand halten bei Gesprächen schützt vor direkten Erregerkontakten und macht das Tragen von Masken überflüssig.



Publication History

Article published online:
18 August 2020

© Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York