Dialyse aktuell 2020; 24(08): 301
DOI: 10.1055/a-1169-8329
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Immunsuppression bei Nierentransplantation

Michael Fischereder
1   München
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Publikationsdatum:
12. Oktober 2020 (online)

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Auch nach 60 Jahren klinischer Erfahrung mit Nierentransplantationen und oft jahrzehntelanger Transplantatfunktion beim Patienten darf nicht vergessen werden, dass der Erhalt der Transplantatfunktion eine dauerhafte immunsuppressive Therapie und deren individuelle Anpassung an die besonderen Gegebenheiten des jeweiligen Patienten erfordert. Im Alltag wird dieses Erfordernis dadurch kompliziert, dass weiterhin Möglichkeiten fehlen, den Grad der Immunsuppression beim individuellen Patienten zu messen, im Verlauf nach Transplantation aber eine unterschiedlich intensive Immunsuppression zum Organerhalt erforderlich ist. Gleichzeitig sind die meisten routinemäßig eingesetzten Immunsuppressiva „critical dose drugs“ mit relevanten Nebenwirkungen beim Über- oder Unterschreiten des engen therapeutischen Bereichs.

Die Herausforderung für den Arzt in der Nachsorge besteht in der klinischen Beurteilung des individuellen Patienten hinsichtlich der erforderlichen Intensität der immunsuppressiven Therapie. Diese Ausgabe der „Dialyse aktuell“ befasst sich mit den Folgen einer Überimmunsuppression bzw. Unterimmunsuppression für den Patienten und versucht, Wege aus dem Dilemma aufzuzeigen.

Am einen Ende des Spektrums sind Abstoßungsreaktionen Folge einer Unterimmunsuppression. Während akute zelluläre und sogar humorale Rejektionen im ersten Jahr nach Transplantation meist gut beherrschbar sind, reduzieren späte antikörpervermittelte Rejektionen das Transplantatüberleben substanziell. Der Beitrag von Dr. Farsad-Alexander Eskandary und Ao. Univ.-Prof. Dr. Georg A. Böhmig, Wien (Österreich), erläutert das derzeitige pathogenetische Konzept der damit verbundenen Schädigungsmechanismen. Darüber hinaus fassen die Autoren den Stellenwert bisher untersuchter Therapiestrategien zusammen und geben einen Ausblick auf derzeit in klinischer Erprobung befindliche Therapiekonzepte.

Auf der anderen Seite des Spektrums stellen Infektionen häufige Folgen einer Überimmunsuppression dar. Während bakterielle Infektionen meist gut mit Antibiotika behandelt werden können, treten Virusinfektionen zunehmend in den Vordergrund. Dr. Stephan Kemmner und Dr. Ulf Schönermarck, München, zeigen am Beispiel ausgewählter Infektionen den Stellenwert von Prävention, Prophylaxe und Vorgehen bei manifester Infektion.

Wenngleich in den vergangenen Jahren keine neuen immunsuppressiven Substanzen klinische Reife erreichten, hat sich trotz älterer Transplantatempfänger und zunehmend marginaler Organspender das Transplantationsergebnis insgesamt verbessert. Ein wesentlicher Beitrag dazu ergibt sich aus der besseren Abstimmung immunsuppressiver Kombinationstherapien. Im letzten Beitrag dieser Serie geben Dr. Rasmus Ehren und Prof. Dr. Lutz T. Weber einen aktuellen Überblick über etablierte wie auch innovative Ansätze zum pharmakokinetischen wie pharmakodynamischen Monitoring gängiger Immunsuppressiva nach Nierentransplantation.

Es würde mich freuen, wenn Ihnen diese Zusammenfassungen aktueller Erkenntnisse im Alltag bei einer individualisierten Patientenversorgung helfen.