Sportphysio 2020; 08(03): 108-111
DOI: 10.1055/a-1167-7517
Research

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„Coper“-Klassifikation nach Ruptur des vorderen Kreuzbands

Einige Sportler mit Ruptur des vorderen Kreuzbandes (VKB) erzielen auch ohne Operation eine gute dynamische Kniestabilität („Coper“). Von „Non-Copern“ spricht man, wenn trotz intensiver Rehabilitation Instabilitätsbeschwerden weiterhin bestehen. Da die dynamische Kniestabilität nach VKB-Ruptur sich durch eine Rehabilitation verbessern kann, ist eine frühzeitige Einteilung nicht statisch und kann sich verändern. Unklar bleibt jedoch, ob eine kurze Zeit der Rehabilitation ausreicht, um einen Sportler von einem Non-Coper zu einem potenziellen Coper zu machen.

Forscher bewerteten deshalb die Übereinstimmung der frühzeitigen Klassifikation vor und nach progressivem neuromuskulärem und Krafttraining bei Sportlern im Frühstadium nach einer akuten VKB-Ruptur und den Zusammenhang der frühzeitigen Klassifikation mit dem 2-Jahres-Erfolg ([ Abb. 1 ]). Sie testeten 271 Probanden und teilten diese nach festgelegten Kriterien vor und nach einem Trainingsprogramm als potenzielle „Coper“ oder „Non-Coper“ ein. Erfolgreich waren die Probanden, die 2 Jahre nach VKB-Rekonstruktion oder nichtoperativer Rehabilitation die geschlechts- und altersgemäßen Normen für die Kniefunktion erfüllten oder überschritten, keine Reruptur erlitten und höchstens eine Episode des Giving-way-Phänomens innerhalb des vorangegangenen Jahres hatten. Die Untersuchungen fanden zum Zeitpunkt der Aufnahme und nach einem 5-wöchigen Trainingsprogramm mit 10 Einheiten sowie 6 Monate, 1 Jahr und 2 Jahre nach der Verletzung statt. Das Trainingsprogramm bestand aus progressiven Kräftigungs-, plyometrischen und neuromuskulären Übungen mit dem Ziel, die Muskelkraft und die neuromuskuläre Kontrolle wiederherzustellen (▶Link).

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Abb. 1 Ablauf der Untersuchung (Quelle: Am J Sports Med 2019; grafische Umsetzung: Thieme Gruppe)

55 % der Probanden waren beim Screening und 68 % nach dem Training Coper. 45 % der anfänglichen Non-Coper wurde nach dem Training zu potenziellen Copern, während nur 13 % der anfänglichen Coper nach dem Training zu Non-Copern wurden. Zum Zeitpunkt des 2-Jahres-Follow-ups waren 66 % der VKB-Rekonstruktionsgruppe und 74 % der nichtoperativen Gruppe erfolgreich. Sportler, die nach dem Training Coper waren, hatten unabhängig von ihrer Therapieentscheidung (konservativ oder operativ) 2,7- bzw. 2,9-mal so hohe Erfolgschancen wie Non-Coper, die sich für die Rekonstruktion entschieden.

Fazit: Fast die Hälfte der Non-Coper wurde nach dem Rehabilitationstraining zu Copern. Hingegen war der Wechsel von potenziellen Copern zu Non-Copern selten.

LINK

Eine Übersicht über die progressiven neuromuskulären- und Kräftigungsübungen finden Sie unter: https://bit.ly/Spy03research.

KOMMENTAR

Non-Coper sollten ein neuromuskuläres und Krafttraining durchlaufen, da fast die Hälfte von ihnen zu Copern werden kann und somit höhere Chancen auf einen langfristigen Erfolg hat. Bias tritt durch das Fehlen einer Kontrollgruppe auf: Die Änderung der Klassifizierung könnte somit nicht allein dem Trainingsprogramm zuzuschreiben sein. Möglicherweise hat die natürliche Erholung während der 5-wöchigen Phase zur Veränderung der „Coper“-Klassifikation beigetragen. Zusammenfassend unterstützen diese Ergebnisse nachdrücklich die Aufnahme eines frühzeitigen, progressiven neuromuskulären und Krafttrainings vor der Rekonstruktion als Standardversorgung.

AUF EINEN BLICK

Design: Kohortenstudie

Teilnehmer: 271 Probanden nach VKB-Ruptur

Parameter: Beständigkeit einer frühzeitigen „(Non-)Coper“-Klassifikation

Resultate: Die „Coper“-Klassifizierung kann mit 10 frühen Trainingseinheiten verändert werden und sagt das langfristige Ergebnis der Athleten zuverlässig voraus.

Katrin Veit

Thoma LM, Grindem H, Logerstedt D, Axe M et al. Coper classification early after anterior cruciate ligament rupture changes with progressive neuromuscular and strength training and is associated with 2-year success: The Delaware-Oslo ACL cohort study. Am J Sports Med 2019; 47(4): 807–814



Publication History

Article published online:
03 July 2020

© Georg Thieme Verlag KG
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