Neurologie up2date 2021; 4(01): 51-66
DOI: 10.1055/a-1163-6514
Zerebrovaskuläre Erkrankungen

Neues beim Schlaganfall – Teil 2: Prävention

Hans-Christoph Diener
,
Matthias Endres
,
Jens Fiehler
,
Christian Gerloff
,
Hans Georg Häusler
,
Joji B Kuramatsu
,
Waltraud Pfeilschifter
,
Sven Poli
,
Jan Purrucker
,
Renate Schnabel
,
Jochen Sembill
,
Roland Veltkamp
,
Christian Weimar

Nachdem der 1. Teil des Beitrags die Akuttherapie zum Thema hatte [1], referiert diese Übersichtsarbeit nun aktuelle Studien zur Prävention des Schlaganfalls und zur Funktionsverbesserung. Die Autoren haben die wichtigsten Arbeiten aus den 4782 Publikationen im Zeitraum zwischen Herbst 2019 und Oktober 2020 ausgewählt. Neue Studien gibt es zur Behandlung der arteriellen Hypertonie und von Fettstoffwechselstörungen in der Sekundärprävention.

Fazit

Take Home Message

Eine wirksame antihypertensive Therapie reduziert das Risiko erneuter Schlaganfälle bei Patienten mit stattgehabtem Schlaganfall. Die Therapie einer arteriellen Hypertonie reduziert auch das Risiko einer Demenz.

Fazit

Take Home Message

NOAKs sind bei Patienten mit Vorhofflimmern in der Sekundärprävention wirksamer und sicherer als Vitamin-K-Antagonisten. Besonders hervorzuheben ist die Reduktion intrakranieller Blutungen.

Fazit

Take Home Message

Zusammengefasst zeigte die Metaanalyse von 9 randomisierten Studien mit 42108 Patienten, die unter einer Atherosklerose litten und entweder einen P2Y12-Hemmer oder ASS erhielten, keinen Unterschied in der Reduktion von Schlaganfällen.

Die Ergebnisse waren für Ticlopidin, Clopidogrel und Ticagrelor identisch.

Fazit

Take Home Message

Die Ergebnisse dieser Studien können bei Patienten mit TIA aber nur für solche mit einem hohen Risiko für einen Schlaganfall gemessen mit dem ABCD2-Score umgesetzt werden. Patienten mit niedrigerem Risiko wurden in den randomisierten Studien nicht untersucht und sollten daher weiterhin mit ASS behandelt werden. Die hier diskutierten Ergebnisse beziehen sich auch nur auf Patienten mit nicht kardioembolischen Schlaganfällen. Bei kardialen Emboliequellen müssen die Patienten oral antikoaguliert werden.

Fazit

Take Home Message

Die Diagnose ESUS (embolic Stroke of Undetermined Source) umfasst:

  • Nachweis eines Hirninfarkts in der zerebralen Bildgebung (CT oder MRT) und Ausschluss eines lakunären Infarktes,

  • Ausschluss einer Makroangiopathie dem Infarkt vorgeschalteter extra- oder intrakranieller hirnversorgender Gefäße (d. h. keine > 50 %-ige Stenose),

  • Ausschluss einer kardialen Emboliequelle mittels 24-h-EKG und Echokardiografie,

  • Ausschluss spezieller Schlaganfallursachen wie Vaskulitis oder Dissektion.

Cave: Nicht alle kryptogenen Schlaganfälle sind ESUS – in größeren Registern machen ESUS ca. 50 % der vormals als kryptogen klassifizierten Schlaganfälle aus.

Fazit

Take Home Message

In zwei großen randomisierten Behandlungsstudien konnte kein Vorteil einer Antikoagulation versus Plättchenhemmung in der sekundären Prävention von Patienten mit ESUS gezeigt werden. Die Relevanz des ESUS-Konzeptes ist damit unklar.

Fazit

Take Home Message

Selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer sind in präklinischen Tiermodellen in der Lage, die Regeneration nach Schlaganfall zu fördern. Dieser Effekt ließ sich in mehreren randomisierten Plazebo-kontrollierten Studien an Schlaganfallpatienten nicht nachweisen.

Fazit

Take Home Message

S44819 war für die Verbesserung des funktionellen Outcome nach Schlaganfall in einer Behandlungsphase von 90 Tage nach dem Ereignis einer Therapie mit Plazebo nicht überlegen.

Kernaussagen
  • Eine wirksame antihypertensive Therapie reduziert das Risiko erneuter Schlaganfälle bei Patienten mit stattgehabtem Schlaganfall. Die Therapie einer arteriellen Hypertonie reduziert auch das Risiko einer Demenz.

  • NOAKs sind bei Patienten mit Vorhofflimmern in der Sekundärprävention wirksamer und sicherer als Vitamin-K-Antagonisten. Besonders hervorzuheben ist die Reduktion intrakranieller Blutungen.

  • In 2 großen randomisierten Behandlungsstudien konnte kein Vorteil einer Antikoagulation versus Plättchenhemmung in der sekundären Prävention von Patienten mit ESUS ( = embolic Stroke of undetermined Source) gezeigt werden. Die Relevanz des ESUS-Konzeptes ist damit unklar. Die Prophylaxe erfolgt daher mit Acetylsalicylsäure.

  • Ein vergrößerter linker Vorhof ist mit einem erhöhten Risiko für Vorhofflimmern assoziiert und könnte ein Hinweis auf eine bessere sekundärprophylaktische Wirkung einer Antikoagulation im Vergleich zu Thrombozytenfunktionshemmern bei ESUS-Patienten sein.

  • Die beiden großen ESUS-Studien zeigen keine Übereinstimmung bezüglich der Überlegenheit einer Antikoagulation versus Plättchenhemmung zur Verhinderung schwerer Schlaganfälle.

  • Kardiale Biomarker wie das Troponin T korrelieren bei ESUS-Patienten mit dem kardiovaskulären Risiko, eignen sich aber nicht zur Therapiestratifizierung von Antikoagulation versus Plättchenhemmung.

  • Selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer sind in präklinischen Tiermodellen in der Lage die Regeneration nach Schlaganfall zu fördern. Dieser Effekt ließ sich in mehreren randomisierten Plazebo-kontrollierten Studien an Schlaganfallpatienten nicht nachweisen.

  • S44819 war für die Verbesserung des funktionellen Outcome nach Schlaganfall in einer Behandlungsphase von 90 Tage nach dem Ereignis einer Therapie mit Plazebo nicht überlegen.



Publication History

Article published online:
26 February 2021

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