Zusammenfassung
Einleitung Änderungen bei den Risikofaktoren und das 2005 eingeführte Mammografie-Screening
bedingen eine hohe Dynamik der brustkrebsassoziierten Krankheitslast in Deutschland.
Ziel der Studie ist die Untersuchung langfristiger krankheitsbezogener Inzidenz- und
Mortalitätstrends bei Frauen in Ost- und Westdeutschland seit der Wiedervereinigung.
Methoden Gesamt- und stadienspezifische Inzidenzraten wurden basierend auf den Daten ausgewählter
Krebsregister untersucht. Daten mit hinreichender Vollzähligkeit seit 1995 standen
für 4 ostdeutsche und 3 westdeutsche Regionen zur Verfügung. Werte für Gesamtdeutschland
wurden populationsgewichtet aus den Raten für Ost- und Westdeutschland errechnet.
Besonders betrachtet wurden 3 Altersgruppen: Frauen mit Anspruch auf das Mammografie-Screening
(50 – 69 Jahre), jüngere Frauen (30 – 49 Jahre) und ältere Frauen (70+ Jahre). Alle
Raten wurden altersstandardisiert. Entsprechend wurden Mortalitätsraten aus der amtlichen
Todesursachenstatistik seit 1990 aufbereitet.
Ergebnisse Im Beobachtungszeitraum kam es zu einem Inzidenzanstieg, der durch die vermehrte
Diagnose früher Stadien in der Screening-Altersgruppe geprägt ist. In dieser Gruppe
stieg die Gesamtinzidenz unter Einschluss der nichtinvasiven Brustkrebsfälle von 2005
bis 2016 um 14,5%. Frühe Stadien (UICC 0 und I) nahmen um 48,1% zu, während Spätstadien
(UICC III und IV) um 31,6% zurückgingen. In den anderen Altersgruppen kam es zu qualitativ
ähnlichen Veränderungen, die jedoch weniger stark ausgeprägt waren. Der seit Mitte
der 90er-Jahre zu beobachtende Rückgang der Brustkrebssterblichkeit endete bei den
jüngeren Frauen um 2008, während er sich in der Screening-Altersgruppe fortsetzte.
Bei älteren Frauen kam es nach 2008 zu einem Anstieg. Ost-West-Unterschiede bei der
Krankheitslast (zugunsten Ostdeutschlands) nahmen bei den jüngeren Frauen im Beobachtungszeitraum
ab, während sie bei den älteren Frauen eher zunahmen.
Schlussfolgerung Die Analyse legt nahe, dass die Einführung des Mammografie-Screenings zum Rückgang
der Inzidenz fortgeschrittener Brustkrebsstadien und der Brustkrebsmortalität beigetragen,
aber auch eine substanzielle Zahl von Überdiagnosen verursacht hat. Relativ ungünstige
Inzidenztrends bei jüngeren Frauen, insbesondere in Ostdeutschland, sind vor dem Hintergrund
von Lebensstiländerungen zu interpretieren. Die beobachtete leichte Zunahme der Mortalität
bei älteren Frauen seit 2008 bedarf eingehenderer Analysen.
Schlüsselwörter
Brustkrebs - Epidemiologie - Inzidenz - Mortalität - Deutschland