Zusammenfassung
Ziel Die neue Strahlenschutz-Gesetzgebung sieht vor, dass eine Risikoanalyse neuer und
bestehender Behandlungsverfahren mit offenen Radionukliden hinsichtlich der Patientensicherheit
wiederkehrend durchzuführen ist, in welche der Medizinphysik-Experte maßgeblich involviert
ist.
Material und Methoden Als Werkzeug für die Durchführung der Risikoanalyse wurde die Fehlermöglichkeits-
und Einflussanalyse (FMEA) angewendet, wie vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS)
und den Fachgesellschaften empfohlen. Für die Radiojodtherapie, die Radiosynoviorthese,
die Peptid-Radiorezeptortherapie und die selektive interne Radiotherapie wurden die
Prozesse gegliedert und zunächst individuell durch die verschiedenen am Prozess beteiligten
Berufsgruppen und anschließend im Konsens kategorisiert. Für Risikoprioritätszahlen
> 125 wurden Gegenmaßnahmen erarbeitet. Die Risikoprioritätszahl (RPZ) ergibt sich
als Produkt aus dem Schweregrad, der Auftretenswahrscheinlichkeit und der Entdeckungswahrscheinlichkeit
des Fehlers oder der Folgen.
Ergebnisse Neben den diversen Möglichkeiten der Verwechslung von Patienten wurden Unsicherheiten
in der Aktivitäts- und Organgrößenbestimmung und eine mangelnde Compliance des Patienten
als wesentliche Risiken für eine Unter- oder Übertherapie angesehen. Die ausgeprägte
Streuung bei individueller Risikobetrachtung durch einzelne Berufsgruppen konnte unter
Anleitung durch einen externen Moderator deutlich reduziert werden. Für die höchsten
RPZ wurden Maßnahmen formuliert, deren präventive Wirkung im Verlauf noch zu überprüfen
ist.
Schlussfolgerung Die nuklearmedizinische Therapie wurde in der organisatorischen Durchführung als
sehr sicher eingeschätzt und es wurden nur geringe Risiken bzgl. der Patientensicherheit
identifiziert. Die FMEA-Analyse war ein praktikables Instrument und identifizierte
Prozessschritte mit Optimierungspotenzial für die analysierten Therapieformen. Das
geschilderte Vorgehen kann in anderen nuklearmedizinischen Einrichtungen adaptiert
werden, wobei strukturspezifische Faktoren (technische und personelle Ausstattung,
Ablauf von Prozeduren) zu berücksichtigen sind, sodass ggf. weitere Risiken identifiziert
und hier aufgeführte Risiken aufgrund anderer Abläufe als abweichend eingeschätzt
werden können.
Abstract
Purpose With respect to the amendment of the Radiation Protection law it is required to estimate
the risks of treatments with ionizing radiation regarding patient safety. This task
is in the responsibility of a medical physics expert.
Material and methods The risks were estimated using the Failure Mode and Effects Analysis (FMEA) as suggested
by the Federal Office for Radiation Protection (BfS) and the scientific societies.
For Radioiodine Therapy, Radiosynoviorthesis, Peptide Receptor Radionuclide Therapy,
and Selective Internal Radiation Therapy, respectively, the involved processes were
analyzed, structured and scored. This was done both individually by all people involved
in the process and by all participants together. For processes with risk priority
numbers > 125 countermeasures were introduced. The risk priority number (RPZ) was
calculated as the product of severity of the event, the probability of the occurrence
of the event and the detection probability.
Results The greatest risks were mistaken identity, incorrect estimations of activity and
organ masses and a lack of compliance of the patients. The individual risk estimation
revealed a high variability between the different professions, that was reduced significantly
by discussion led by an external moderator. For the highest RPZ countermeasures were
formulated which impact needs to be reviewed in the future.
Conclusions Nuclear medical therapies were assessed as very safe, the revealed risks are very
low in respect to patient safety. FMEA method was a useful tool to identify processes
with potential for optimization. The chosen procedure can be easily adopted in other
nuclear medicine facilities considering structure specific aspects like technical
and personal equipment and procedures. Then further risks might be detected or the
here identified risk might be assessed differently.
Schlüsselwörter
Risikoanalyse - Radionuklidtherapie - Patientensicherheit
Key words
risk analysis - radionuclide therapy - patient safety