Arthritis und Rheuma 2020; 40(01): 51-53
DOI: 10.1055/a-1095-8200
Verbandsnachrichten
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Neue Wege in der Finanzierung der deutschen Krankenhäuser 2020 – Der „Pflexit“ und das neue aG-DRG-System

Heinz-Jürgen Lakomek
1   Geschäftsführer VRA
,
N. Roeder
2   DRG-Research-Group, Roeder & Partner
,
Wolfgang Fiori
2   DRG-Research-Group, Roeder & Partner
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
26. Februar 2020 (online)

Mit der Ausgliederung der Pflegepersonalkosten aus der fallpauschalierenden Vergütung und der Einführung der nahezu vollständigen Selbstkostendeckung im Bereich der „Pflege am Bett“ wird ein Paradigmenwechsel vollzogen. Durch die parallele Nutzung zweier Abrechnungssysteme, der Notwendigkeit einer nicht gerade simplen Abgrenzung der vom Pflegebudget umfassten Pflegekosten und der vielfältigen Themen, die 2020 jedes Krankenhaus mit den Kostenträgern (neu) vereinbaren muss, ist der Komplexitätsgrad in der Krankenhausfinanzierung in einem schwer nachvollziehbaren Ausmaß gestiegen. Während der „Pflexit“ auf die Kodierung zunächst keinen Einfluss nimmt, kann er die zukünftigen Erlöse einzelner Krankenhäuser erheblich beeinflussen. Neben den in das Pflegebudget eingehenden Kosten bestimmt die (Methodik der) Ausgliederung der Pflegepersonalkosten aus den G-DRGs auch nachhaltig die Erlöse, die über die Rumpf-DRGs („aG-DRGs“) generiert werden. Die Einflüsse der jährlichen Revision des G-DRG-Systems treten damit für 2020 für viele Krankenhäuser in den Hintergrund.

Der Blick auf den aG-DRG-Fallpauschalenkatalog 2020 und die tagesbezogenen Pflegeentgelte offenbart, dass aus den typisch rheumatologischen G-DRGs sehr wenig Pflegepersonalkosten ausgegliedert wurden. Die rheumatologischen G-DRGs I66E, I66G, I69A, I79Z und I97Z gehören zu den 12 G-DRGs (1 %) mit den niedrigsten tagesbezogenen Pflegeerlösen aller 1272 bewerteten vollstationären DRGs. Die G-DRG I79Z (Fibromyalgie) weist dabei sogar die drittniedrigste und die G-DRG I97Z (Rheumatologische Komplexbehandlung) die viertniedrigste tagesbezogene Pflege-Bewertungsrelation aller vollstationären DRGs auf. Entsprechend gehen nicht so viele Erlöse durch die Ausgliederung der Pflegepersonalkosten verloren wie bei anderen G-DRGs. Rheumatologische Krankenhäuser, die demgegenüber hohe Pflegepersonalkosten für das Pflegebudget gelten machen können, z. B. über Personalaufbau in der Pflege und Abbau anderer Berufsgruppen, dürften zunächst zu den Gewinnern gehören. Zusätzlich dürfen Krankenhäuser (außer in Rheinland-Pfalz) im nächsten Jahr auch von einer ungewöhnlichen hohen Steigerung der Preiskomponente (Landesbasisfallwerte) von über 3 % und weiteren – teilweise für 2020 limitierten – Aufschlägen profitieren. Nicht zu verachten ist jedoch, dass sich die Kalkulationsbasis für die rheumatologischen G-DRG geändert, d. h. auch erweitert haben dürfte. Damit scheinen Leistungserbringer mit günstigerer Kostenstruktur die Kalkulation einzelner rheumatologischer DRGs beeinflusst zu haben. So wurde die G-DRG I97Z (Rheumatologische Komplexbehandlung) anhand von 3559 Fällen (Vorjahr 2780 Fälle; + 28 %) und die G-DRG I79Z (Fibromyalgie) anhand von 2125 Fällen (Vorjahr 1715 Fälle; + 24 %) kalkuliert. Werden die Bewertungsrelationen (ohne Pflege) zwischen 2019 und 2020 verglichen, so sind diese für die G-DRG I97Z (Rheumatologische Komplexbehandlung) um –6,15 % und für die G-DRG I79Z (Fibromyalgie) um –10,4 % gesunken. Während der Kalkulation der G-DRG I79Z auch Fälle mit einer im Mittel 0,8 Tage kürzeren Verweildauer zugrunde lagen, stieg die mittlere Verweildauer für die G-DRG I97Z sogar leichtgradig (0,1 Tage, obere Grenzverweildauer + 1 Tag) an. Nach Ausgliederung der Pflegepersonalkosten stellen in beiden G-DRGs die Infrastrukturkosten mehr als die Hälfte der Kosten in der Kalkulation dar. Insgesamt wird diese Grenze nun bei 19 G-DRGs überschritten. Krankenhäuser, die sich auf diese Leistungen spezialisiert haben, dürften Budgetanteile verlieren.

Anders dürfte dies sich für rheumatologische Kliniken darstellen, die ihre Hauptleistungen im Bereich der Basis-DRGs I66 und I69 erbringen. Auf Antrag des VRA wurde die im Vorjahr durchgeführte Zusammenfassung der G-DRGs I69A und I69B zu einer gemeinsamen G-DRG I69Z vom InEK wieder zurückgenommen. In der G-DRG I69B werden nun nur noch Arthrosen abgebildet. Alle weiteren Hauptdiagnosen – insbesondere die entzündlich-rheumatischen Erkrankungen – kommen wieder in die höher bewertete G-DRG I69A. Die Bewertungsrelation liegt hier 3,7 % höher als die der G-DRG I69Z im Vorjahr (die I69B mit den Arthrosen wurde hingegen um –13,8 % abgewertet). Auch die G-DRG I66G erfuhr eine geringe Aufwertung von 0,9 %. Auch in den G-DRGs I69A und I66G liegt der Anteil der Infrastrukturkosten über 45 %. Im Kontext der Vielzahl der Veränderungen, muss daher jede rheumatologische Klinik selbst ermitteln, ob sie 2020 zu den Gewinnern oder Verlieren gehört. Dabei sollten auch die Neuerungen des MDK-Reformgesetzes mit beachtet werden.