NOTARZT 2020; 36(01): 16-23
DOI: 10.1055/a-1073-8244
Originalarbeit
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Alarmierungen der Berliner Notfallrettung zu obdachlosen Frequent Usern

Alerts of the Berlin Emergency Medical Service to Homeless Frequent Users
Florian Breuer
Ärztliche Leitung Rettungsdienst, Berliner Feuerwehr
,
Christopher Pommerenke
Ärztliche Leitung Rettungsdienst, Berliner Feuerwehr
,
Lisa Wollenhaupt
Ärztliche Leitung Rettungsdienst, Berliner Feuerwehr
,
Stefan Poloczek
Ärztliche Leitung Rettungsdienst, Berliner Feuerwehr
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
17 January 2020 (online)

Zusammenfassung

Hintergrund Obdachlose stellen eine besonders vulnerable Gruppe dar. Mit Obdachlosigkeit gehen viele zusätzliche Risiken einher, die auch Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Viele Obdachlose suchen vermehrt Notaufnahmen auf. Eine Rolle spielt hier insbesondere die Kombination aus einer Abhängigkeitserkrankung mit einem psychischen Leiden.

Methodik Die Arbeit untersucht das Vorkommen und die Eigenschaften von obdachlosen Frequent Usern im Rettungsdienst. Weiterhin wird die räumliche Verteilung betrachtet. Es wurde ein Zeitraum von einem Jahr anhand der Daten des Einsatzleitsystems betrachtet und ausgewertet.

Ergebnisse In einem Zeitraum von 12 Monaten wurden 131 obdachlose Patienten als High Frequent User (7 – 10 Einsätze/Jahr) und Super Frequent User (≥ 11 Einsätze/Jahr) identifiziert, wobei der Anteil an Super Frequent Usern überwiegt. Insgesamt wurden durch diese 2021 Einsätze verursacht. Die Patienten waren im Durchschnitt 45,6 Jahre alt und zu 81% männlichen Geschlechts. Alarmierungen erfolgten insbesondere zum Stichwort „Intoxikation“ oder zum „Psychiatrischen Notfall“. Zu Einsätzen kam es wiederholt an bestimmten „Hot Spots“, es konnte gezeigt werden, dass sich Einsätze insbesondere in bestimmten lebensweltlich orientierten Räumen (LOR) konzentrieren.

Diskussion Einsätze in Zusammenhang mit obdachlosen Frequent Usern sind zahlenmäßig durchaus relevant. Obwohl es verschiedene aufsuchende Systeme, insbesondere durch Wohlfahrtsverbände, zur medizinischen Versorgung gibt, scheinen sie diese Patientengruppe nicht zu erreichen. Eine Anbindung aufsuchender Sozialarbeit an die Notfallrettung, wie bereits in anderen Ländern erprobt, könnte insbesondere im Bereich von „Hot Spots“ zu einer Reduktion der Einsätze beitragen.

Abstract

Background Homeless people are a particularly vulnerable population. Homelessness poses additional risks, which may influence health. Many homeless people repeatedly seek help in emergency rooms. Characteristically, a combination of addiction and psychological health issues can be seen in numerous cases.

Methods This paper analyses the occurrence and characteristics of homeless Frequent Users of EMS, as well as their local distribution. For the purpose of this study, control centre data of a one year time period were collected and analysed.

Results Throughout a time period of 12 month, 131 homeless patients were identified as High Frequent Users (7 – 10 uses/year) and Super Frequent Users (≥ 11 uses/year), while the number of Super Frequent Users was prevalent. Alltogether, this population generated 2021 EMS deployments. The average age of these patients was 45,6 years and 81% were male. Emergency calls resulted prevalently in keywords such as “Intoxication” or “Psychiatric Emergency”. EMS was repeatedly deployed at “Hotspots” in particular social environments.

Conclusion According to numbers, EMS deployment handling homeless Frequent Users is quite significant, considering the range of services which primarily offer medical assistance to the homeless. This suggests, that such services do not reach their target population adequately. A connection between outreach social work and EMS could help reduce the number of EMS deployments, in particular in “Hotspots”, as it has already been tested outside of Germany.