Zusammenfassung
Das 3-Länder-Manifest „Zeitenwende in der Medizin“ ergänzt die bestehenden Eide, Gelöbnisse
und Selbstverpflichtungen der Ärzteschaft. Es soll die inhaltliche Lücke zwischen
medizinethischen Grundsätzen und den moralischen Herausforderungen des durch Ökonomisierung,
Kommerzialisierung und Industrialisierung geprägten ärztlichen Berufsalltags im Gesundheitswesen
füllen. Konkrete Vorschläge sollen helfen, bestehende Hindernisse zu überwinden. Der
Vorrang der Medizin gegenüber Ökonomie und Technologie ist auf allen Ebenen beruflichen
Handelns durch die Ärzteschaft sicherzustellen.
Das 3-Länder-Manifest soll den hierfür notwendigen Diskurs innerhalb der Ärzteschaft
und in der Gesellschaft anregen und thematisch unterstützen.
In diesem Zusammenhang werden die folgenden Forderungen im 3-Länder-Manifest erhoben:
Die Ärzteschaft hat das Recht und die sich aus ihrer gesellschaftlichen Vertrauensstellung
ergebende Pflicht, auf Fehlentwicklungen hinzuweisen und Veränderungen einzufordern.
Das Vertrauensverhältnis zwischen Ärzten[1 ] und Patienten ist als Grundbedingung jeder Patientenbehandlung zu schützen.
Medizinisches Handeln hat Vorrang vor erwerbswirtschaftlichen Zielen. Der Behandlungsprozess
darf nicht zum ökonomischen Wertschöpfungsprozess verkommen, denn oberstes Ziel ist
das Patientenwohl.
Der Staat ist verpflichtet, die persönliche Arzt-Patienten-Beziehung zu unterstützen.
Ein Rückzug des Staates lediglich auf die Festsetzung von ökonomischen Vorgaben im
Gesundheitswesen ist abzulehnen.
In freiheitlich-demokratischen Gesellschaftssystemen muss gewährleistet bleiben, dass
Ärztinnen und Ärzte eine freie Entscheidung im Sinne und zugunsten der Patienten treffen
können.
Der Technologieeinsatz darf nur als Hilfsmittel benutzt werden.
Diagnostische und therapeutische Entscheidungen dürfen ausschließlich von der Ärzteschaft
und gemeinsam mit ihren Patienten getroffen werden. Fachliche und außermedizinische
Interessenkonflikte der klinisch tätigen Ärzteschaft müssen offengelegt werden. Das
neoliberale Marktmodell ist für den Gesundheitssektor ungeeignet.
Gesundheitsbezogene Datensammlungen müssen in der Souveränität (u. a. im Eigentum,
in der Verwendungshoheit und -kontrolle) des Patienten bleiben. Dessen informationelles
Selbstbestimmungsrecht ist zu bewahren. Die ärztliche Schweigepflicht darf nicht durch
lückenhafte oder unvollständig umgesetzte Datenschutzbestimmungen ausgehöhlt und untergraben
werden.
Die Würde des Menschen ist stets und besonders im Erkrankungsfall unantastbar. Menschenrechte
gelten für alle Menschen, auch für das medizinische Personal und besonders schutzbedürftige
Personengruppen (u. a. Geflüchtete, Pflegebedürftige, Behinderte Menschen).
Die Verfasser dieses Manifests fordern dazu auf, die ethischen Werte medizinischen
Wirkens zu sichern, und rufen alle Beteiligten im Gesundheitswesen auf danach zu handeln,
um somit eine Zeitenwende herbeizuführen.
Abstract
The 3-Country-Manifest extends beyond existing oaths, vows and codices. It is supposed
to encourage discussion and close the gap in the conflict between medical-ethical
principles and a dangerous development through economisation, commercialisation and
industrialisation of the patient care.
Ten demands are raised to clarify the medical profession’s urgent concerns due to
economic, technological and medical-ethical developments and as a result ensure that
patient welfare will remain the pivotal measure of medicine in the future.
The Physicians 3-Country-Manifest addresses concrete suggestions and topics as a starting
point for a change in awareness and attitude in all interest groups in health care.
It wants to accomplish the necessary turning point towards humanely designed medical
care.
Schlüsselwörter Manifest - Ökonomisierung - Kommerzialisierung - Industrialisierung - Patientenwohl
Key words manifest - economization - commercialization - industrialization - patient care