Zusammenfassung
Einleitung Die Geschlechtsdysphorie im Kindes- und Jugendalter (GD) zeigt sich durch eine Inkongruenz
zwischen dem Geburtsgeschlecht und der gefühlten Geschlechtsidentität, welche in der
Regel in der Pubertät zunimmt. Kinder und Jugendliche mit GD sind häufiger von psychischen
Komorbiditäten wie Depressionen betroffen. Diese Arbeit soll einen Überblick über
die von uns behandelten Patienten geben.
Methoden Es erfolgte eine Datenanalyse aus den Patientenakten von 66 Patienten, welche sich
im Zeitraum von 2005 bis 2018 erstmals mit einer GD in unserer endokrinologischen
Ambulanz vorstellten.
Ergebnisse Wir beobachteten einen Anstieg der Neuvorstellungen von maximal einem Patienten pro
Jahr zwischen 2005 und 2011 auf zuletzt 18 Neuvorstellungen im Jahr 2018, wobei der
Anteil an den insgesamt 14 339 endokrinologischen Patienten desselben Zeitraums mit
0,49% gering ist. 54 der Patienten hatten ein weibliches und 12 ein männliches Geburtsgeschlecht,
damit lag das Geschlechterverhältnis bei 4,5:1. Das Durchschnittsalter bei Erstvorstellung
betrug 13,6 Jahre. 49 Patienten (74%) überschritten das Pubertätsstadium P3/B3 bzw.
P3/G3 nach Tanner. 48 (73%) entwickelten erste Symptome einer GD vor der Pubertät
und 30 (45%) zeigten eine psychische Komorbidität. 15 Patienten (23%) berichteten
über negative Reaktionen ihres sozialen Umfelds nach ihrem Outing und 17 (26%) machten
Erfahrung mit Mobbing in der Schule.
Schlussfolgerung Die Patientenzahl von Kindern und Jugendlichen mit GD ist in den letzten Jahren deutlich
gestiegen. Zusätzlich zu der psychischen Belastung aufgrund der GD konnten wir bei
ungefähr der Hälfte der Patienten typische psychische Komorbiditäten einer GD feststellen.
Außerdem berichten Kinder und Jugendliche von negativen Reaktionen bezüglich ihrer
GD in der Schule und der Familie. Die hohe Variabilität des Verlaufs und der Komorbiditäten
stellt die zentrale Herausforderung in der Therapie dar.
Abstract
Introduction Gender dysphoria (GD) in childhood and adolescence is characterized by an incongruence
between sex at birth and gender identity, which usually increases during puberty.
Gender dysphoric children and adolescents often suffer from psychological comorbidities
such as depression. The purpose of our study is to give an overview of the patients
treated in our clinic.
Methods We analyzed data of 66 patients who presented with GD at our outpatient clinic between
2005 and 2018.
Results We noted a rise of presentations with one or no patient with GD per year between
2005 and 2008 up to 18 patients in 2018, although the percentage of all 14.339 endocrinological
outpatients (2005–2018) is low. 54 patients were assigned as female and 12 as male
at birth resulting in a ratio of 4.5:1. The mean age at their first appointment was
13.6 years. 49 patients (74%) had reached tanner stadium P3/B3 or P3/G3. 30 (45%)
showed symptoms of a comorbidity related to GD. 48 (73%) showed symptoms of GD before
puberty. 15 patients (23%) experienced a negative response regarding their outing
and 17 (26%) were victims of mobbing in school.
Conclusion The number of patients increased in the last years. About half of the patients suffered
from a psychological comorbidity. They often experienced negative response regarding
their GD in the family. The variability of appearance and the comorbidities pose the
challenge in the treatment of gender dysphoric children and adolescents.
Schlüsselwörter
Geschlechtsdysphorie - Transidentität - Komorbiditäten - geschlechtsangleichende Therapie
Key words
gender dysphoria - transgender - comorbidities - sex reassignment therapy