PPH 2020; 26(01): 1
DOI: 10.1055/a-1032-3001
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Liebe Leserinnen und Leser,

Thomas Schüllermann-Epmann
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Publication Date:
10 February 2020 (online)

Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es wieder heraus.

Deutsches Sprichwort

„Und, was machen Sie so am Wochenende?“, fragte ich eine Patientin am Samstagmorgen auf Station. „Abschimmeln“, lautete ihre Antwort. Der Videorekorder in ihrem Zimmer spielte in einer Endlosschleife „Herr der Ringe“, auf dem Tisch lagen mehrere Handys. Keines davon wurde benutzt, weder in die eine Richtung noch in die andere. „Mich ruft doch niemand an – niemand hat Interesse, das Wochenende mit mir zu verbringen.“

Tatsächlich war diese junge Frau schwierig im Umgang: Entweder eine „Klette“ oder einfach nur furchtbar unfreundlich zu allen Menschen in ihrer Umgebung. Ich konnte gut nachvollziehen, dass niemand sein Wochenende mit ihr verbringen wollte. „Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es auch wieder heraus“, dachte ich. Zehn Minuten saß ich bei ihr im Zimmer, habe eine Zigarette geraucht und versuchte mich zu erinnern, wie Bilbo Beutlin zu seinem Ring gekommen ist. Das war meine Art der Wertschätzung: Zumindest für einen kurzen Moment Zeit mit der Patientin zu verbringen.

In dieser Ausgabe beschäftigen wir uns sehr viel mit wertschätzendem Verhalten: Beispielsweise gegenüber Patienten, die in der Forensik untergebracht sind, gegenüber Demenzerkrankten oder Patienten auf einer Intensivstation.

Ich bin davon überzeugt, dass Wertschätzung keine Einbahnstraße ist. Denn wer Gutes tut, bekommt häufig Gutes zurück. Auch wenn das nicht unsere Hauptmotivation im Umgang mit Patienten sein sollte, hoffe ich doch, Ihr Interesse geweckt zu haben, um weiterzulesen.

Ihr
Thomas Schüllermann-Epmann