Notfallmedizin up2date 2019; 14(04): 361-371
DOI: 10.1055/a-1013-6092
Allgemeine und organisatorische Aspekte
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Indikationsfremde Anwendung von Medikamenten und Medizinprodukten in der Notfallmedizin

Off-Label Use in Emergency Medicine
Karl Peter Ittner
,
Joachim Koppenberg
,
Ute Walter
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
29. November 2019 (online)

Zusammenfassung

Wenn zugelassene Arzneimittel außerhalb der in der entsprechenden Fachinformation dargelegten Beschreibungen angewendet werden, dann spricht man von einer nicht zulassungskonformen Anwendung oder von einem Off-Label-Use. Wie in fast allen medizinischen Fachgebieten gibt es auch im Rettungsdienst sogenannte Off-Label-Use-Pharmakotherapien. Sofern evidenzbasierte Informationen zu einer nicht zulassungskonformen Anwendung vorliegen, und insbesondere im konkreten Notfall keine zulassungskonforme Möglichkeit besteht, dann ist diese gerechtfertigt. Verwendet ein Notarzt aber ein Medizinprodukt außerhalb der Zulassung, dann stellt er ein neues Produkt her und haftet persönlich bei einem Patientenschaden.

Wenn zugelassene Arzneimittel außerhalb der in der entsprechenden Fachinformation dargelegten Beschreibungen angewendet werden, dann spricht man von einer nicht zulassungskonformen Anwendung oder von einem Off-Label-Use. Wie in fast allen medizinischen Fachgebieten gibt es auch im Rettungsdienst sogenannte Off-Label-Use-Pharmakotherapien.

Abstract

In Germany the Federal Institute for Drugs and Medical Devices (BfArM) approves drugs (= medicinal products) according to the “Medicinal Products Act” (Arzneimittelgesetz, AMG) only for the specific uses proposed and documented by the Summary of Product Characteristics (SPC or SmPC). Once a medicinal product has been approved by the BfArM, an emergency physician may take it for uses or in treatment regimens or patient populations that are not included in the approved labeling. Such unapproved (unlabeled – or off-label) uses may be appropriate and rational in certain circumstances, and may reflect drug therapies that have been extensively reported in medical literature. Here we report evidence-based strategies for the off-label use in emergency pharmacology along the guidelines of the “BfArM off-label use expert group”. In contrast, duties with regard to medical devices are laid down in the Act on Medical Devices (“Medizinproduktegesetz”) and the Ordinance on the Medical Device Safety Plan (“Medizinproduktesicherheitsplanverordnung”, MPSV). For safety reasons in emergency medicine, medical devices should be used only as described by the manufacturerʼs instructions. Any modification will be the personal risk of the emergency physician and he could become liable for civil claims for damages if something goes wrong with the device out of the described instructions.

Kernaussagen
  • Die jeweilige aktuelle Fachinformation beschreibt alle Aspekte der in einem arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahren geprüften Anwendungen eines Medikaments für die dort genannten Indikationen. Verlässt man diese Vorgaben, dann handelt es sich um indikationsfremde Anwendungen (Off-Label-Use).

  • Unter einer differenzierten Nutzen-Risiko-Abwägung ist das in der Notfallmedizin nicht nur erlaubt, sondern fachmedizinisch sogar geboten.

  • Ohne evidenzbasiertes Vorgehen in der Off-Label-Use-Notfallpharmakologie haftet jedoch der Notarzt für alle Folgen.

  • Im Gegensatz zu Pharmaka gibt es keinen Off-Label-Use bei Medizinprodukten (MP). Setzt ein Notarzt ein Medizinprodukt außerhalb der Gebrauchsinformation des Herstellers ein, wird er quasi zum „Neuhersteller“ und haftet ohne evidenzbasiertes Datenmaterial für alle Schäden.