Dialyse aktuell 2019; 23(08): 331
DOI: 10.1055/a-0969-0207
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Das Ziel: mehr Organspenden

Christian Schäfer
1   Stuttgart
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Publikationsdatum:
11. Oktober 2019 (online)

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Die Zahl der postmortalen Organspenden in Deutschland liegt seit Jahren anhaltend auf einem niedrigen Niveau. Darüber kann leider auch der – zugegeben auf den ersten Blick eindrucksvoll anmutende – Anstieg von ca. 20% im Jahr 2018 im Vergleich zum Jahr 2017 nicht hinwegtäuschen. Denn die absoluten Zahlen, welche die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) in ihrem Jahresbericht 2018 veröffentlichte, sind immer noch nicht hoch: So wurden 3113 Organe post mortem gespendet (bei 955 postmortalen Organspendern). Demgegenüber standen laut Warteliste 9697 benötigte Organe. Zudem ist Deutschland mit seinen 11,5 Spendern pro Million Einwohnern im europäischen Vergleich ganz weit hinten zu finden. Es wird u.a. vermutet, dass sich der sog. „Organspende- bzw. Transplantationsskandal“, der im Jahr 2012 bekannt wurde, negativ auf die Organspendebereitschaft der deutschen Bevölkerung ausgewirkt hat. Aber auch andere Gründe wie eine suboptimale Organisation bzw. finanzielle und gesetzliche Regelung werden diskutiert.

In den seit dem Jahr 2010 ständig abnehmenden Organspendezahlen ist also 2018 erstmals eine „Anomalie“ aufgetaucht, von der sich bestimmt nicht nur Dr. med. Axel Rahmel, medizinischer Vorstand der DSO, und Thomas Biet, MBA, LL.M., kaufmännischer Vorstand der DSO, erhoffen, dass sie künftig als Zeitpunkt der Trendwende gelten wird. Von dem im Frühjahr 2019 im Bundestag verabschiedeten Gesetz zur Verbesserung der Zusammenarbeit und der Strukturen bei der Organspende versprechen sich die beiden Vorstände eine Voraussetzung hierfür.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, wie der Bundestag in Kürze abstimmen wird: Es stehen zum Stand Mitte September 3 Entwürfe bzgl. einer Neuregelung der Organspende zur Auswahl -die doppelte Widerspruchslösung, die Entscheidungslösung und die Vertrauenslösung. Ersterer ist der Vorschlag von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), welcher u.a. von Prof. Dr. med. Karl Lauterbach (SPD) unterstützt wird. Der „doppelte Widerspruch“ bedeutet, dass jeder Bürger als Organspender infrage kommt, wenn er zu Lebzeiten dem nicht widersprochen hat und auch den Angehörigen nicht bekannt ist, dass der Bürger gegen eine postmortale Spende seiner Organe war. Die Dokumentation des Widerspruches soll durch ein zentrales Register erfolgen. Die Entscheidungslösung hat Annalena Baerbock (Bundesvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen) samt einer fraktionsü bergreifenden Gruppe eingebracht. Hierbei sollen die Menschen durch eine Beratung beim Hausarzt ermutigt werden, über ein bundesweites Online-Register ihre Entscheidung pro oder contra Organspende zu dokumentieren. Der dritte Entwurf stammt von der AfD, hierbei soll das Vertrauen in das System gestärkt werden, um zu mehr Organspenden zu gelangen. Den ersten beiden genannten Vorschlägen werden die größten Chancen eingeräumt. Wie hier künftig vorgegangen wird, hat sicherlich letztendlich auch einen Einfluss auf die Organspendezahlen in Deutschland.

Rund um Organspende, Transplantation und die erforderliche Immunsuppression dreht sich auch der Schwerpunkt der vorliegenden Ausgabe der „Dialyse aktuell“: Lesen Sie die interessanten Beiträge ab Seite 339 zum Thema „Nierentransplantation und Immunsuppression“. In diesem Heft finden Sie noch weitere Artikel in den Rubriken „Gesellschaft“ (Beiträge des fnb e.V. und des AKTX-Pflege e.V. und zur Nephro Fachtagung Ulm 2020), „Original & Übersicht“ (die Shuntecke 119 und eine Übersicht zur therapeutischen Apherese) sowie „Forum der Industrie“, die ich Ihnen ebenfalls wärmstens zur Lektüre empfehlen kann!