Neurologie up2date 2020; 03(04): 359-381
DOI: 10.1055/a-0960-5291
Neurologische Notfall- und Intensivmedizin

Metabolische und toxische Enzephalopathien, Teil 1

Metabolische Enzephalopathien
Frank Erbguth
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Toxische und metabolische Enzephalopathien umfassen ein breites Spektrum an akuten oder chronischen sekundären Störungen der Gehirnfunktion aufgrund von schädigenden „Noxen“ entweder durch endogene Organ- oder Stoffwechseldysfunktionen oder durch Zufuhr bzw. Einwirkung von außen. Dabei kann die Enzephalopathie die führende oder erste Manifestation der Dysfunktion darstellen. Die Leitsymptome der Enzephalopathie sind unspezifisch.

Fazit

Take Home Message

Bei akuten metabolischen Enzephalopathien sind eine schnelle Diagnosestellung und Therapie entscheidend, um das Fortschreiten einer funktionellen zu einer strukturellen neuronalen Schädigung zu verhindern.

Fazit

Take Home Message

Die Thiamin-Gabe muss bereits bei klinischem Verdacht auf eine Wernicke-Enzephalopathie und damit bei allen Präsentationen neurologischer Symptome im Kontext von Alkoholkonsum oder Malnutrition erfolgen.

Fazit

Take Home Message

Die Prognose einer akuten hypoxischen Enzephalopathie sollte immer in Zusammenschauender Bewertung von mindestens 3 von 5 negativen Prädiktoren erfolgen:

  • Pupillomotorik ausgefallen,

  • neuronenspezifische Enolase NSE > 90 µg/l

  • N20-SEP-Anwort bilateral fehlend

  • „malignes“ EEG-Muster

  • Schädigungsmuster in der Bildgebung.

Kernaussagen
  • Die Präsentation akuter Enzephalopathien ist meist unspezifisch und besteht meist aus Bewusstseinsstörungen, die kombiniert mit Anfällen und motorischen Störungen auftreten können.

  • Die Wernicke-Enzephalopathie durch Vitamin-B1-Mangel allerdings ist durch eine typische klinische Trias aus Bewusstseins- und Okulomotorikstörung sowie Ataxie gekennzeichnet und bedarf einer unmittelbaren Therapie mit Thiamin.

  • Bei Enzephalopathien ist eine zügige Diagnose und Therapie notwendig, um den Übergang einer neuronalen Funktionsstörung in eine strukturelle Schädigung zu vermeiden.

  • Wenn die Ätiologie der Enzephalopathie nicht sofort offensichtlich ist (wie z. B. bei Störungen des Glukosestoffwechsels oder der Elektrolyte), muss eine umfangreiche Ausschlussdiagnostik erfolgen, weil konkurrierende Erkrankungen wie Schlaganfälle, Enzephalitis, Trauma, Status epilepticus, postiktale Zustände, psychogene Syndrome ähnliche Präsentationen haben können.

  • Läsionsmuster in der zerebralen Bildgebung können pathognomonisch, typisch oder zumindest hinweisend für bestimmte Ursachen einer Enzephalopathie sein.

  • Bei einigen metabolischen Störungen kann die Therapie kausal sein, bei anderen sind nur supportiv-symptomatische Behandlungen möglich.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
09. November 2020

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