PSYCH up2date 2022; 16(04): 305-320
DOI: 10.1055/a-0900-7742
Organische psychische Störungen

Seltene Demenzerkrankungen: Frontotemporale Demenz

Janine Diehl-Schmid
1   Zentrum für Altersmedizin, Kbo-Inn-Salzach-Klinikum, Wasserburg, Deutschland
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Die frontotemporalen Demenzen (FTD) zählen zu den seltenen Demenzen. Ihre Symptomatik ist – im Vergleich zur häufigen Alzheimer-Krankheit – untypisch, sodass es in vielen Fällen lange dauert, bis es zu einer korrekten Diagnosestellung kommt. Der folgende Beitrag gibt einen Überblick über die klinische Symptomatik, genetische und neuropathologische Grundlagen, Diagnostik und Differenzialdiagnostik und die Therapie.

Kernaussagen
  • Die frontotemporalen Lobärdegenerationen (s. [Abb. 1]) verursachen unterschiedliche klinische Syndrome, die unter dem Begriff „frontotemporale Demenz“ (FTD) zusammengefasst werden.

  • Die FTD zählt zu den seltenen Demenzen. In der Mehrzahl der Patienten beginnen die ersten Symptome vor dem 65. Lebensjahr.

  • Klinisch unterscheidet man die Verhaltensvariante der FTD und die primär progredienten Aphasien.

  • Bei der Verhaltensvariante der FTD steht eine Veränderung der Persönlichkeit und des Sozialverhaltens im Vordergrund. Zu den typischen Symptomen zählen Enthemmung, Apathie, Verlust des Einfühlungsvermögens, perseverierendes oder zwanghaftes Verhalten und Hyperoralität sowie gleichzeitig ein dysexekutives Syndrom.

  • Während für die semantische Demenz eine flüssige Aphasie charakteristisch ist mit Störungen des Sprachverständnisses und des Benennens, zeigt sich bei der nicht flüssigen, progredienten Aphasie eine stockende Sprache mit Wortfindungsstörungen und oft auch Sprechapraxie.

  • Die durchschnittliche Krankheitsdauer bis zum Tod wird mit 8 Jahren angegeben.

  • 10% der Fälle sind autosomal-dominant vererbt mit Mutationen der Gene C9orf72, Progranulin und Tau.

  • Diagnostisch sind die neuropsychologische Untersuchung, die strukturelle und funktionelle kraniale Bildgebung sowie die Liquoruntersuchung hilfreich.

  • Es gibt erhebliche klinische und histopathologische Überschneidungen der FTD mit den atypischen Parkinson-Syndromen CBS und PSP sowie mit der Motoneuronerkrankung.

  • So lange es keine zugelassenen Medikamente gibt, die den Krankheitsverlauf bei den FTD signifikant beeinflussen, erfolgt die symptomatische Therapie in erster Linie mit Antidepressiva und Antipsychotika.



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Article published online:
18 July 2022

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