Informationen aus Orthodontie & Kieferorthopädie 2019; 51(02): 82-85
DOI: 10.1055/a-0860-4152
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Sind morphologische und topografische Veränderungen der Fossa mandibularis durch eine Behandlung mit einer festsitzenden funktionskieferorthopädischen Apparatur auf Tomogrammen nachweisbar? Visuelle Klassifikation und morphometrische Analyse

Lisa Schieffer
,
Ulrike Palenberg
Lisa Schieffer
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Publication Date:
05 July 2019 (online)

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Kinzinger GSM, Lisson JA, Booth D, J. Hourfar J. Are morphologic and topographic alterations of the mandibular fossa after fixed functional treatment detectable on tomograms? Visual classification and morphometric analysis. J Orofac Orthop 2018; 79: 427–439

Eine Behandlungsmöglichkeit von Patienten/Innen mit Malokklusion der Angle Klasse II/1 stellt die Funktionskieferorthopädie dar. Bei Anwendung einer funktionskieferorthopädischen Apparatur, bewegen sich die Kiefergelenkskondylen nach anterior auf das Tuberculum articulare, welches daraufhin adaptiert.

Ziel der Studie war es herauszufinden, ob sich digitale Tomogramme dazu eignen, Effekte einer Behandlung mit einem FMA (Functional Mandibular Advancer) auf Morphologie und Topografie der Fossa mandibularis darzustellen. Außerdem wurde ihre Eignung als diagnostisches Mittel im Vergleich zum MRT untersucht.

Die Studiengruppe umfasste 25 Patienten/Innen (14 weiblich, 11 männlich) mit einem Durchschnittsalter von 16 Jahren und einer durchschnittlichen Behandlungsdauer von 7,3 Monaten. Einschlusskriterien waren ein bleibendes Gebiss ohne Weisheitszähne, kein Zahnverlust während der Behandlung, keine vorangegangene kieferorthopädische Behandlung, eine Distalverzahnung von mindestens ½ Prämolarenbreite oder ein prätherapeutischer ANB>4°. Von der Studie ausgeschlossen wurden Patient/Innen mit kraniofazialen Anomalien, einer angeborenen Krankheit, dem Fehlen eines bleibenden Zahnes oder Extraktionen.

Alle Patienten/Innen zeigten nach der Therapie mittels FMA eine Angle-Klasse I beidseits.

Ein digitales Tomogramm wurde vor (T1) und nach (T2) Behandlung durchgeführt. Für einen Vergleich wurden außerdem 50 MR-Tomogramme einer anderen Studie, aber mit demselben Patientengut herangezogen. Visuell wurde dann die mandibuläre Fossamorphologie eingeteilt in rund, oval, trapezoid oder dreieckig. Von insgesamt 100 Kiefergelenken wurden die Fossae mandibulares metrisch und visuell auf mögliche therapeutisch induzierte Veränderungen hin evaluiert.

Die metrische Analyse wurde mithilfe von 7 Referenzpunkten erstellt: Porion, Fossa posterior, Dach der Fossa mandibularis, Mittelpunkt des Tuberculum articulare, Höhe des Tuberculum articulare, Top und Boden der Fissura pterygopalatina. Insgesamt wurden 20 Distanzen gemessen, bewertet und statistisch ausgewertet, wobei ein p-Wert von<0,05 als statistisch signifikant angenommen wurde.

Die visuelle Klassifikation der digitalen Tomogramme in der Sagittalen, zeigte bei keiner der untersuchten Kiefergelenke eine veränderte Morphologie der Fossa mandibularis. Nur bei einem Patienten unterschied sich die Morphologie des Kiefergelenks im Seitenvergleich. 26 Fossae waren rund, 11 oval, 5 trapezoid und 8 dreieckig. Auch die MR-Tomogramme zeigten im Vergleich keine morphologischen Veränderungen der Kiefergelenke, weder bezüglich der Seite, noch bezüglich des Aufnahmezeitpunktes. Die metrische Analyse ergab keine signifikanten Veränderungen hinsichtlich Breite, Tiefe und deren Verhältnis zueinander zu den beiden Kontrollzeitpunkten, auch nicht im Seitenvergleich. 18 von 20 Streckenmessungen zwischen Porion, Fossa mandibularis, Tuberculum articulare und Fossa pterygoidea, zeigten ebenfalls keine signifikanten Veränderungen. Hinweise auf einen Fossa-Shift gibt es nicht.

Fazit

Nach der Behandlung mit einem festsitzenden funktionskieferorthopädischen Gerät zur Korrektur von Distalbisslagen, zeigten weder metrische Analysen an digitalen Tomogrammen, noch visuelle Befunde signifikante Veränderungen der Fossa mandibularis oder des Tuberculum articulare. Prinzipiell stellt das digitale Tomogramm in der Sagittalebene eine diagnostische Alternative zum MRT dar.