Phlebologie 2019; 48(04): 251-265
DOI: 10.1055/a-0847-6602
Review
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Vasculitis allergica – ein nicht-IgE-vermitteltes Hypersensitivitätssyndrom

Artikel in mehreren Sprachen: deutsch | English
S. Lutze
Klinik und Poliklinik für Hautkrankheiten, Universitätsmedizin Greifswald
,
W. Konschake
Klinik und Poliklinik für Hautkrankheiten, Universitätsmedizin Greifswald
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M. Ahmed
Klinik und Poliklinik für Hautkrankheiten, Universitätsmedizin Greifswald
,
A. Arnold
Klinik und Poliklinik für Hautkrankheiten, Universitätsmedizin Greifswald
,
T. Westphal
Klinik und Poliklinik für Hautkrankheiten, Universitätsmedizin Greifswald
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H. Riebe
Klinik und Poliklinik für Hautkrankheiten, Universitätsmedizin Greifswald
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G. Daeschlein
Klinik und Poliklinik für Hautkrankheiten, Universitätsmedizin Greifswald
,
M. Jünger
Klinik und Poliklinik für Hautkrankheiten, Universitätsmedizin Greifswald
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Publikationsverlauf

27. Februar 2018

29. Januar 2019

Publikationsdatum:
10. Mai 2019 (online)

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Zusammenfassung

Die Diagnose „Vasculitis allergica“ suggeriert eine klassisch allergische IgE-vermittelte Genese. Dies ist jedoch nicht der Fall, vielmehr handelt es sich um einen hochkomplex ablaufenden Mechanismus, der häufig das eigentlich auslösende Antigen vor der Detektion bewahrt.

Die aktuelle Nomenklatur für dieses dermatologische Erkrankungsbild lautet kutane IgM oder IgG Immunkomplex-Vaskulitis, es handelt sich um eine leukozytoklastische Vaskulitis der postkapillären Venolen [3]. Diese neue Einordnung legt die mit dem ursprünglichen Namen einhergehende Assoziation mit einer typisch IgE-vermittelten allergischen Erkrankung ab.

Vaskulitiden werden immunologisch betrachtet den Immunkomplex-Erkrankungen, der sogenannten Typ III Reaktion nach Coombs und Gell, zugeordnet [14], [15], [16]. Sie werden als entsprechend dem dahinter liegenden immunologischen Prozess als „non-IgE-mediated allergic hypersensitivity Syndrom“ eingestuft [14], [15], [16]. Viele Vaskulitiden machen sich klinisch zuerst an der Haut u. a. durch akut auftretende, rasch progrediente Ulzerationen bemerkbar, häufig assoziiert mit starker Schmerzhaftigkeit. Sie sind damit in der Ursachenabklärung eines Ulcus cruris bedeutsam, rangieren hier aber unter den seltenen Diagnosen.

Der lange bestehende Begriff einer „leukozytoklastischen Vaskulitis“ für diese Erkrankung steht entsprechend nicht länger für ein einzelnes Erkrankungsbild, sondern vielmehr für ein histologisches Muster einer Gruppe von Vaskulitiden, den sogenannten Immunkomplexvaskulitiden. [3] Hierbei handelt es sich von Gefäßkaliber überwiegend um „small vessel“ Vaskulitiden, diese können als „single organ vasculitis“ (SOV) mit alleiniger Manifestation an der Haut oder auch als kutanes Teilsymptom einer anderen „multi organ vasculitis“ (MOV) zum Beispiel im Rahmen eines systemischen Lupus erythematodes auftreten [1]. Die kutane IgM oder IgG Immunkomplex-Vaskulitis zeigt den für Vaskulitiden klassisch plötzlich auftretenden, rasch progredienten Verlauf und ist klinisch durch eine typische Primäreffloreszenz, die palpable Purpura, mit hoher Inflammation charakterisiert. [2] Im Therapiekonzept steht an erster Stelle das auslösende Agens zu identifizieren und zu eliminieren [2], [42], [44]. In der Regel zeigt dieser Typ von Vaskulitis eine überwiegend residuenfreie Abheilung mit niedrigem Rezidivrisiko unter der Voraussetzung, dass das auslösende Agens identifiziert und beseitigt ist [2], [41], [42], [44].