Z Sex Forsch 2019; 32(01): 17-26
DOI: 10.1055/a-0835-9584
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Was benötigen LSBTI-Menschen angesichts ihrer Sexual- und Geschlechtsbiografien für eine bessere Gesundheitsversorgung?

Eine qualitative Untersuchung in einer deutschen GroßstadtWhat Do LGBTI People Need for Better Health Care with Regard to their Sexual and Gender Biographies?A Qualitative Study in a German Metropolis
Ute Lampalzer
Institut für Sexualforschung und Forensische Psychiatrie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
,
Pia Behrendt
Institut für Sexualforschung und Forensische Psychiatrie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
,
Arne Dekker
Institut für Sexualforschung und Forensische Psychiatrie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
,
Peer Briken
Institut für Sexualforschung und Forensische Psychiatrie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
,
Timo O. Nieder
Institut für Sexualforschung und Forensische Psychiatrie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
› Institutsangaben
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
20. März 2019 (online)

Preview

Zusammenfassung

Einleitung Studien deuten darauf hin, dass LSBTI-Menschen im Gesundheitssystem häufig mit Herausforderungen und Benachteiligungen konfrontiert sind, die eng mit ihren Sexual- und Geschlechtsbiografien verbunden sind. Für eine deutsche Großstadt liegt hierzu noch keine zielgruppenübergreifende Untersuchung vor.

Forschungsziele Ziel der Studie ist die Beantwortung der Frage, was behandelnde und beratende Fachkräfte über die Sexual- und Geschlechtsbiografien von LSBTI-Menschen wissen sollten und wie sie in ihrer jeweiligen Praxis mit LSBTI-Menschen umgehen sollten, um im Stadtstaat Hamburg eine bessere Gesundheitsversorgung gewährleisten zu können.

Methoden Es wurden fünf Expert_inneninterviews mit LSBTI-Menschen und drei Fokusgruppen durchgeführt und mithilfe der qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet.

Ergebnisse Die Ergebnisse zeigen, dass es von zentraler Bedeutung ist, dass Fachkräfte im Gesundheitswesen eigene Annahmen und Vorurteile gegenüber LSBTI-Menschen ehrlich hinterfragen. Außerdem sollten sie insbesondere mit Herausforderungen des Coming-outs vertraut sein, diverse Lebens- und Beziehungsmodelle mitdenken, unterschiedliche Phasen der sexuellen und geschlechtlichen Entwicklung sowie Einflüsse darauf kennen, sexuelles Verhalten und sexuelle Identität unterscheiden – und all dies bei der Behandlung bzw. Beratung bedarfsgerecht berücksichtigen.

Schlussfolgerung Für eine bessere Gesundheitsversorgung sollten Fachkräfte für die allgemeinen und individuellen Herausforderungen in den Sexual- und Geschlechtsbiografien von LSBTI-Menschen sensibilisiert sein und relevante Themen direkt ansprechen.

Abstract

Introduction Studies indicate that in the healthcare system LGBTI persons are often confronted with challenges and also disadvantages that are strongly related to their sexual and gender biographies. As yet no universal investigation for all of these target groups concerning this matter has been untertaken in a major German city.

Objectives The aim of the study was to investigate what practitioners should know about the sexual and gender biographies of LGBTI persons and how they should deal with these sexual and gender biographies so that better healthcare services can be provided in Hamburg.

Methods Five expert interviews with LGBTI persons and three focus groups were conducted and analysed according to the principles of qualitative content analysis.

Results The results show that it is essential that health care practitioners honestly question their assumptions and prejudices regarding LGBTI persons. Above that, they should in particlar be aware of the challenges of coming out, consider diverse life and relationship models, know about different stages of sexual and gender development as well as influences on it, distinguish between sexual behaviour and identity – and take all of this into account in every treatment or counselling in a needs-oriented way.

Conclusion For a better healthcare provision, practitioners should be sensitized to the general and individual challenges in the sexual and gender biographies of LGBTI persons and directly adress relevant issues.