Zeitschrift für Phytotherapie 2019; 40(01): 28-30
DOI: 10.1055/a-0833-9524
Gesellschaftsnachrichten
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
25. März 2019 (online)

Gesellschaft für Phytotherapie e. V. veranstaltete erfolgreich das 4. Modul des 2. Zyklus der Fortbildung für Ärzte und Apotheker

Vom 19.–21. Oktober 2018 fand das 4. Modul der GPT-Fortbildungsreihe im Trans-World Hotel Kranichhöhe, Much / Bergisches Land, statt. Mit diesem Modul wurde der zweite Zyklus der Fortbildungsreihe erfolgreich beendet.

Die wissenschaftliche Leitung übernahm Frau Prof. Karen Nieber (Mitglied des wiss. Kuratoriums der GPT). Die ärztliche Leitung lag in den Händen von Frau Prof. Karin Kraft (Präsidentin der GPT). Für die Organisation war Frau Cornelia Schwöppe (Schatzmeisterin der GPT) verantwortlich. Schwerpunkt des Moduls waren Vorträge zur Phytotherapie besonderer Personengruppen. 18 Teilnehmer aus Deutschland und den Niederlanden hatten sich zu diesem interessanten Themenkomplex angemeldet.

Nach dem Einführungsvortrag „Phytopharmaka in Leitlinien“ stand am ersten Tag die Phytotherapie bei Kindern auf der Agenda. Der Geschäftsführer der „Initiative Arzneimittel für Kinder“ (http://arzneimittel4kids.de/kontakt.html) Dr. Andreas Franken stellte Phytopharmaka vor, die besonders für Kinder geeignet sind und solche, die nicht angewendet werden sollten. Auch Dosierungsprobleme und die Frage, warum es so wenige zugelassene Arzneimittel für Kinder gibt, wurden angesprochen.

Der Nachmittag wurde mit der Vorstellung des Projektes „PhytoVIS – Versorgungsforschung mit Phytopharmaka“ durch Frau Cornelia Schwöppe fortgesetzt. Sie erklärte, dass pflanzliche Arzneimittel überwiegend ohne ärztliche Verordnung in Verkehr gebracht werden. Patienten, die diese Produkte nutzen, werden zwar von ihren Ärzten und in jedem Fall von den abgebenden Apothekern zu deren Verwendung beraten. Eine systematische Erfassung der in diese Gespräche einfließenden praktischen Erfahrungen bei der Anwendung findet bislang jedoch nicht statt. Die Kooperation Phytopharmaka hat deshalb das Projekt PhytoVIS ins Leben gerufen, um das Erfassen solcher Daten in produkt- und indikationsübergreifender Weise so zu ermöglichen. Die Datenbank PhytoVIS steht für Vertrauen, Information und Sicherheit bei der Anwendung pflanzlicher Arzneimittel und basiert auf einer retrospektiven Online-Befragung zu Anwendungserfahrungen mit pflanzlichen Arzneimitteln mit über 20 000 Datensätzen. Die Geschäftsführerin der Kooperation Phytopharmaka berichtete, dass die Auswertung der Daten begonnen hat.

Der zweite Tag begann mit dem Thema „Besondere Aspekte bei der Anwendung von Phytos bei Jugendlichen“. Ausgehend von einer Analyse der Situation in Deutschland konzentrierte sich Frau Prof. Nieber auf neurologische Erkrankungen (Depression / Angststörungen, Schlafstörungen, Essstörungen), Erkältungs- und Hauterkrankungen. Die Referentin machte deutlich, dass trotz jahrhundertelangen Erfahrungen mit dem Einsatz von pflanzlichen Heilmitteln bislang nur wenige eine Empfehlung bei dermatologischen Problemen erhalten haben, da die wissenschaftliche Studienlage gering ist und gute klinische Studien fehlen. Nach derzeitigem Erkenntnisstand können zur Behandlung Phytopharmaka nur bei leichten Formen eingesetzt werden. Bei schweren Verlaufsformen gibt es bisher weder überzeugende Studien noch entsprechende Erfahrungswerte. Der Vormittag wurde mit zwei Vorträgen zur Anwendung von Phytopharmaka bei Schwangeren und Stillenden fortgesetzt. Frau Prof. Karin Kraft (Rostock) stellte nach einigen einführenden Bemerkungen Arzneidrogen für schwangerschafts- und stillzeitbedingte Beschwerden vor. Auch die Anwendung von Phytopharmaka bei Vaginalinfektionen und zur Geburtsvorbereitung war Gegenstand der Vorträge. Abschließend wurde das Risikopotenzial von Arzneimitten und Besonderheiten in der Stillzeit diskutiert. Die Referentin gab folgende Empfehlungen:

  • therapeutische Dosierungen sollen eingehalten werden

  • kein exzessiver Genuss von z. B. Teezubereitungen

  • nicht-alkoholische Produkte generell vorziehen

Der Nachmittag war dem Thema „Phytotherapie bei Senioren“ gewidmet. Durch altersbedingte Veränderungen in der Pharmakodynamik und Pharmakokinetik sowie durch die Polypharmazie stellt diese Altersgruppe eine besondere Herausforderung für den Arzt und Apotheker dar. Es besteht ein erhöhtes Risiko von Interaktionen und unerwünschten Arzneimittelwirkungen. Dies gilt nicht nur für die Verordnung mehrerer Arzneimittel, sondern auch für die alleinige Gabe bestimmter Wirkstoffe, die als potenziell inadäquate Medizin (siehe Priscus-Liste) eingestuft werden. Hier zeigen sich Phytopharmaka als echte Alternative besonders für leichte bis mittelschwere Beschwerden bei chronischen Erkrankungen so das Resümee der Referentin.

Zum Abschluss des zweiten Tages fand ein Workshop zum Thema „Wie kann man die Phytos in den beruflichen Alltag einbinden?“ statt.

Am dritten Tag stellte Frau Prof. Nieber die Frage „Alkohol in Phytopharmaka – Sinnvoll oder schädlich?“. Es wurden Ergebnisse aus Studien präsentiert, die eindeutig bestätigen, dass der Alkoholgehalt der meisten pflanzlichen Arzneimitteln bei korrekter Einnahme geringer ist als der Alkoholgehalt in verschiedenen Lebensmitteln, so dass eine schädigende Wirkung auch bei Kindern nicht zu erwarten ist. Den Abschluss des Moduls bildete der Vortrag „Das Arzneipflanzenlexikon – Arzneipflanzen entdecken“. Herr Prof. Jürgen Reichling (Heidelberg) gab einen historischen Überblick über die Entwicklung von Arzneipflanzenlexika und erläuterte Aufbau und Inhalt des Arzneipflanzenlexikons der Kooperation Phytopharmaka vor (http://www.arzneipflanzenlexikon.info/). Dieses ständig aktualisierte Nachschlagewerk erlaubt einen sehr guten Überblick über 170 Heilpflanzen und kann den Kursteilnehmern dienen, ihr Wissen zu erweitern oder in der Praxis sehr schnell Informationen über Biologie, Inhaltsstoffe Wirkungen, mögliche Nebenwirkungen und Indikationen zu erhalten. Dank Frau Prof. Stahl-Biskup, Universität Hamburg, wird es kontinuierlich aktualisiert.

Auch während des 4. Moduls fand ein sogenanntes Update mit dem Titel „Tee – weit mehr als ein Getränk“ statt. Die Teilnehmer erfuhren etwas zu Inhaltsstoffen und Wirkungen der verschiedenen Teesorten. Experimentelle Studien sprechen dafür, dass die Inhaltsstoffe des Tees, besonders das Koffein und die Polyphenole antioxidative, entzündungshemmende, antimikrobielle, antikarzinogene, blutdrucksenkende, neuroprotektive, cholesterinsenkende und thermogene Eigenschaften besitzen. Allerdings sind die Ergebnisse am Menschen bisher sehr heterogen und nur durch wenige Studien mit geringen Patientenzahlen belegt. Auf Wunsch der Teilnehmer soll im nächsten Kurs ein Update zu ätherischen Ölen in das Programm aufgenommen werden.

Ein Höhepunkt des Moduls war die Verleihung der Zertifikate der GPT an 2 Kursteilnehmer, die alle 4 Module erfolgreich abgeschlossen hatten [Abb. 1]. Insgesamt war das 4. Modul sehr erfolgreich. An allen Tagen herrschte eine aufgeschlossene, freundschaftliche Atmosphäre zwischen Referenten und Teilnehmern, die geprägt war von intensiven Gesprächen und Erfahrungsaustausch. Besonders betont wurden die sehr gute Organisation und die interessante Themenverteilung sowie die stimulierenden Diskussionen.

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Abb. 1 Sandra Schink (HP) (li.) und Apothekerin Jutta Doebel (re.) erhielten das Zertifikat „Phytotherapeut GPT“ nach erfolgreichem Abschluss von 4 Modulen von Prof. Karen Nieber.© Schwöppe
 
  • 1 Kraft K. Position statement. Evidence generation in the paediatric population - Extrapolation. Phytomedicine 2017; 36: 126-127