Zusammenfassung
Hintergrund Nach erfolgter Resektion von Plattenepithelkarzinomen am Capilitium können große
Defekte mit freiliegender Schädelkalotte entstehen, welche die Verwendung einer freien
mikrovaskulären Lappenplastik oft notwendig machen. Aufgrund der Krümmung des Kopfes,
der dadurch entstehenden Dimensionen des Defektes, der Infiltration des Periosts durch
den Tumor und der zumeist aufgebrauchten Möglichkeiten einer lokalen Lappenplastik
stellt die freie M. latissimus dorsi Lappenplastik in Kombination mit Spalthaut eine
in unsere Händen sinnvolle Methode dar. Ziel dieser retrospektiven Analyse war die
Evaluierung der Komplikations- sowie Rezidivrate nach Defektdeckung mit freier M.
latissimus dorsi Lappenplastik am Capilitium bei „in sano Plattenepithelkarzinom-Entfernung“
von Patienten mit einem Alter über 70 Jahren.
Methoden Insgesamt konnten 4 Patienten mit einem Alter von > 70 Jahren (von 70 bis 82a) und
Rezidiven eines Plattenepithelkarzinoms am Capilitium mit Befall des Periosts durch
das Neoplasma in diese retrospektive Analyse inkludiert werden. Bei allen 4 Patienten
wurde nach erfolgter „in sano Resektion“ die Defektdeckung mittels freier mikrovaskulär
verpflanzter M. latissimus dorsi Lappenplastik und Spalthautdeckung durchgeführt.
Evaluiert wurden unter anderem: Histologie, Komplikationsrate, Rezidivrate, Radiatio,
Operationsdauer und stationärer Aufenthalt.
Resultate Alle 4 Patienten wurden einer Defektdeckung mittels freier M. latissimus dorsi Lappenplastik
und Spalthauttransplantat nach erfolgter Resektion eines Plattenepithelkarzinoms am
Capilitium unterzogen. Der Nachuntersuchungszeitraum lag zwischen 12–48 Monaten. Histologisch
konnte bei allen 4 Patienten eine R0-Resektion erzielt werden. Bei zwei Patienten
war zusätzlich eine Resektion von Teilen der Schädelkalotte und Deckung mittels PALACOS®
notwendig. Bei einem Patienten wurde zusätzlich eine Duraplastik durchgeführt. Bei
allen 4 Patienten heilten die Lappenplastiken unmittelbar postoperativ ohne schwerwiegende
Komplikationen am Capilitium ein. Zu Seromen an der Entnahmestelle, Wunddehiszenzen
und partiellen Spalthautabstoßungen kam es bei allen 4 Patienten. Der Nachuntersuchungszeitraum
lag zwischen 12–48 Monaten. Ein Patient verstarb bereits nach 12 Monaten nach erfolgter
Resektion und Defektdeckung. Ein Patient befindet sich aufgrund eines Lokalrezidivs
in palliativer Behandlung. Bei einem weiteren Patienten kam es sowohl zu einer Lebermetastasierung
als auch zu einem Lokalrezidiv. Der vierte Patient ist der Einzige dieses Kollektivs,
welcher nach 22 Monaten rezidivfrei ist.
Schlussfolgerung Die freie M. latissimus dorsi Lappenplastik stellt auch beim alten Patienten aufgrund
der beobachteten geringen Komplikationsrate sowie der guten postoperativen Ergebnisse
eine suffiziente Methode zur Deckung größerer operativ gesetzter Skalpdefekte dar.
Bei diesen Patienten besteht trotz R0-Resektion mit teilweiser Entfernung der Schädelkalotte
und Duraplastiken eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit zur Entwicklung eines Lokalrezidives.
Abstract
Background Scalp defects resulting from the resection of a squamous cell carcinoma often require
free tissue transfer. In these cases, a free latissimus dorsi muscle flap is a good
possibility to cover scalp defects. Our aim was to evaluate the outcome of scalp coverage
with free latissimus dorsi muscle flaps.
Methods This retrospective analysis included 4 patients aged over 70 years (7082), who underwent
scalp reconstruction with a free latissimus dorsi muscle flap and a split-skin graft
after the resection of a squamous cell carcinoma. Patient characteristics, histological
findings, recurrence rate, postoperative radiotherapy, duration of operation and in-patient
stay were recorded.
Results All 4 patients had recurrent tumours and the follow-up period was 12–48 months. Histological
findings demonstrated R0 resection in all patients. A PALACOS® bone was necessary
in two patients and duraplasty in one. All free flaps healed without major complications.
There was no flap loss; minor complications included seromas and wound dehiscence.
One patient died during follow-up and two were no longer treatable due to tumour progression.
One patient is still alive and has had no recurrence for 22 months.
Conclusion Free latissimus dorsi muscle flap is a reliable method to reconstruct large scalp
defects, even in elderly patients, due to its low complication rate and good tissue
vascularity. Despite R0 resection with partial resection of the skullcap and duraplasty,
there is a high risk for local recurrence. A multidisciplinary approach is necessary
to achieve the best therapy concept for each patient.
Schlüsselwörter
Lappenplastiken - Kopf-Hals-Chirurgie - freie Lappenplastiken - Mikrochirurgie - Skalpdefekte
- Plattenepithelkarzinom
Key words
Free latissimus dorsi muscle flap - squamous cell carcinoma - scalp defect