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DOI: 10.1055/a-0757-9089
Entscheidungsfindung in der Akut- und Notfallmedizin
Publication History
Publication Date:
26 April 2019 (online)

Notfallmedizinisches Handeln erfordert neben fachlicher Expertise die Fähigkeit, trotz äußerer Einflussfaktoren wie z. B. Stress und Zeitdruck sinnvolle Entscheidungen treffen zu können. Insbesondere als Teamleiter ist es essenziell, die vorhandenen Ressourcen innerhalb eines Teams, aber auch der Umgebung effektiv zu nutzen. Exemplarisch werden Problemfelder aus dem beruflichen Handlungskontext aufgezeigt, menschliche Handlungs- und Verhaltensmuster erklärt und Bewältigungsstrategien und Hilfsmittel vorgestellt.
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In dynamischen Situationen besteht ein Risiko, dass Entscheidungen emotional oder impulsiv getroffen werden. Dies kann sowohl die Objektivität als auch das gewünschte Entscheidungsziel gefährden.
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Unter hohem Stress kommt es zu einer verstärkten Muskelperfusion. Diese geht häufig zulasten der Hirnperfusion. In der Folge können Tunnelblick, reduzierte Kommunikation und eine voreilige Meinungsbildung die Qualität der Entscheidungen negativ beeinflussen.
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Komplexität kann den Verlust der situativen Wahrnehmung verstärken. Die für den Entscheidungsprozess relevanten Informationen können möglicherweise nicht mehr objektiv wahrgenommen oder bewertet werden.
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Für eine hochwertige Entscheidungsfindung ist es wichtig, dass alle im Team das Gesamtziel kennen. Nur so kann in einer funktionierenden Kultur des Team-Ressource-Managements der Entscheidungsprozess zielorientiert ablaufen.
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In akuten oder unübersichtlichen Situationen ist ein strukturierter Entscheidungsprozess essenziell, um strategische Prioritäten zu setzen.
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Hilfreiche Strukturen im Entscheidungsprozess sind beispielsweise das ABCDE-Schema, welches nach dem Prinzip „Treat first what kills first“ aufgebaut ist. Auch das Akronym FORDEC dient der Evaluation möglicher Optionen sowie von deren Vor- und Nachteilen in dynamischen Entscheidungsprozessen.
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Checklisten und das regelmäßige Training komplexer Entscheidungsprozesse sollen helfen, die Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit in kritischen Situationen zu verbessern. Die Etablierung von Checklisten sowie regelmäßigem (Simulations)training sollte ein wichtiger Bestandteil der präklinischen und klinischen Tätigkeit sein.
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