CC BY-NC-ND 4.0 · Geburtshilfe Frauenheilkd 2019; 79(01): 63-71
DOI: 10.1055/a-0749-9103
GebFra Science
Original Article/Originalarbeit
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ist ein universitäres reproduktionsmedizinisches Zentrum unter den gegebenen Rahmenbedingungen in Deutschland finanzierbar?

Article in several languages: English | deutsch
Thomas Hildebrandt
Erlangen University Hospital, Department of Gynecology and Obstetrics, CCC Erlangen EMN, Friedrich Alexander University, Erlangen, Germany
,
Nicola Oversohl
Erlangen University Hospital, Department of Gynecology and Obstetrics, CCC Erlangen EMN, Friedrich Alexander University, Erlangen, Germany
,
Ralf Dittrich
Erlangen University Hospital, Department of Gynecology and Obstetrics, CCC Erlangen EMN, Friedrich Alexander University, Erlangen, Germany
,
Laura Lotz
Erlangen University Hospital, Department of Gynecology and Obstetrics, CCC Erlangen EMN, Friedrich Alexander University, Erlangen, Germany
,
Matthias W. Beckmann
Erlangen University Hospital, Department of Gynecology and Obstetrics, CCC Erlangen EMN, Friedrich Alexander University, Erlangen, Germany
,
Michael P. Lux
Erlangen University Hospital, Department of Gynecology and Obstetrics, CCC Erlangen EMN, Friedrich Alexander University, Erlangen, Germany
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

received 31 July 2018
revised 16 September 2018

accepted 24 September 2018

Publication Date:
17 January 2019 (online)

Zusammenfassung

Hintergrund Dem deutschen Gesundheitsystem stehen reduzierte Ressourcen zur Finanzierung von Gesundheitsleistungen zur Verfügung. Daher stellt die demografische Entwicklung eine der großen Herausforderungen für das deutsche Gesundheitssystem dar. Die Reproduktionsmedizin kann Lösungsmöglichkeiten bieten und der Überalterung der Gesellschaft durch eine Steigerung der Geburtenziffer entgegenwirken. Die meisten reproduktionsmedizinischen Behandlungen finden in privaten Zentren statt. Für die Entwicklung neuer innovativer Therapieansätze, die Weiterbildung und den wissenschaftlichen Fortschritt sind universitäre Zentren jedoch unerlässlich.

Material und Methoden Mithilfe einer mehrstufigen Deckungsbeitragsrechnung wurden im Jahr 2012 sowohl die IVF- als auch ICSI-Behandlungen am Universitäts-Fortpflanzungszentrum Franken (UFF) untersucht. Die Kostensituation aus Sicht des Patientenpaares und der gesetzlichen Kostenträger wurde der Kosten- und Erlössituation des Leistungserbringers als universitäres reproduktionsmedizinisches Zentrum gegenübergestellt.

Ergebnisse Die Kosten des Patientenpaares lagen für einen IVF-Behandlungszyklus bei 538,71 € und für einen ICSI-Zyklus bei 700,07 €. Für den Kostenträger beliefen sich die Kosten inklusive der zu entrichtenden Hochschulpauschale (194,80 €) auf 733,51 € für einen IVF-Zyklus bzw. 894,87 € für einen ICSI-Zyklus. Die Zahlungen des Patientenpaares und des Kostenträgers wurden addiert und es ergaben sich Gesamtkosten von 1272,22 € bzw. 1594,94 €. Dem Universitäts-Fortpflanzungszentrum Franken als Bestandteil der Frauenklinik des Universitätsklinikums Erlangen entstanden Kosten von 1364,47 € für einen IVF-Behandlungszyklus und 1423,48 € für einen ICSI-Behandlungszyklus. Zuzüglich musste die Frauenklinik noch eine Gemeinkostenpauschale von 14,9% der Einnahmen an das Universitätsklinikum zahlen. Es ergab sich somit ein Minus für die Frauenklinik von 281,81 € für einen IVF-Zyklus und von 66,19 € für einen ICSI-Zyklus.

Diskussion Aus Sicht eines universitären reproduktionsmedizinischen Zentrums sind aktuell IVF- und ICSI-Behandlungen nicht kostendeckend durchführbar. Zugleich stellt ein reproduktionsmedizinischer Behandlungszyklus aufgrund nur partieller Kostenübernahme durch die meisten gesetzlichen Krankenkassen für das Patientenpaar eine erhebliche finanzielle Belastung dar. Es wird somit ein Handlungsbedarf der Gesundheitspolitik aufgezeigt, um bestehende Kostenübernahmegrundsätze zu überarbeiten und im Sinne der Patientenpaare, reproduktionsmedizinischer Zentren und nicht zuletzt im Sinne der Gesellschaft zu verbessern und hiermit langfristig auch als Gesellschaft zu profitieren.