Rofo 2018; 190(11): 1087-1090
DOI: 10.1055/a-0732-3073
Radiologie und Recht
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Konkurrenz unter Radiologen – zur Anwendbarkeit des Wettbewerbsrechts zwischen Teilnehmern an der vertragsärztlichen Versorgung

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Publication Date:
17 October 2018 (online)

Einleitung

Das System der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ist getragen von dem Gedanken einer staatlich geregelten und solidarisch gesteuerten Versorgung. Die Einbindung von Leistungserbringern in das Vertragsarztrecht dient vor allem der staatlichen Aufgabe der Daseinsvorsorge.[1] Die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Erbringer radiologischer Leistungen sind untereinander jedoch zudem Wettbewerber auf dem Markt für diese Leistungen.

Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) dient dem Schutz vor unlauteren geschäftlichen Tätigkeiten und gleichzeitig dem Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.

Ein niedergelassener Radiologe, der unlautere Geschäftspraktiken ausübt, könnte nach dem UWG von seinen Konkurrenten auf das Unterlassen der unlauteren Handlung, auf Schadenersatz und auch auf die Auskunftserteilung sensibler Daten in Anspruch genommen werden. Die Wettbewerbsregeln des UWG sind ihrer Funktion und Natur nach jedoch lediglich auf solche Märkte anzuwenden, die durch das dynamische Verhältnis von Angebot und Nachfrage bestimmt sind. Das System der GKV steht dazu in deutlichem Kontrast.[2] Es ist deshalb fraglich, ob Teilnehmer an der vertragsärztlichen Versorgung gegen konkurrierende Kollegen aus Vorschriften gegen den unlauteren Wettbewerb vorgehen können.

Die Vorschriften für eine wettbewerbsrechtliche Steuerung sind im Bereich der GKV prinzipiell geringer entwickelt, da ein Wettbewerb der Akteure des Gesundheitssystems kein primäres Ziel der GKV ist. Die Einbindung von Ärzten in das Vertragsarztrecht dient vielmehr der Erfüllung der staatlichen Aufgabe der Daseinsvorsorge.[3] Trotz der öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung des gesetzlichen Krankenversicherungssystems kann es aber durchaus Geschäftstätigkeiten geben, die vorrangig den wirtschaftlichen Zweck der Gewinnerzielung verfolgen und bei denen folglich eine Anwendbarkeit des Wettbewerbsrechts sinnvoll erscheint.

Soweit ein Leistungserbringer beispielsweise für die von ihm angebotenen Leistungen oder seine Qualifikationen wirbt, privatärztliche Leistungen anbietet oder Vergünstigungen im Zusammenhang mit seinen Leistungen verspricht und dabei gegen Berufsrecht oder das Heilmittelwerbegesetz (HWG) verstößt, kann er von konkurrierenden Leistungserbringern grundsätzlich auch nach den Vorschriften des UWG oder den allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) in Anspruch genommen werden.[4]

Umstritten ist jedoch seit langem, welche Rechtsschutzmöglichkeiten konkurrierende Leistungserbringer haben, wenn ihre Rechtsbeziehungen als Teilnehmer an der vertragsärztlichen Versorgung betroffen sind. Diese Frage regelt § 69 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Seit dem GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 (GKV-GRG 2000) vom 22.12.1999,[5] in Kraft getreten zum 01.01.2000, sind die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen zu sämtlichen Leistungserbringern, also den Krankenhäusern, Vertragsärzten, Apotheken und allen sonstigen nichtärztlichen Leistungserbringern, ausschließlich sozialversicherungsrechtlicher Natur und damit dem öffentlichen Recht zuzuordnen.[6] Ob davon nach § 69 Abs. 4 SGB V auch die Rechtsbeziehungen der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer untereinander erfasst sind, war ebenfalls streitig.

Die Frage nach der Anwendbarkeit der Vorschriften des UWG auf die Rechtsbeziehungen zwischen Teilnehmern an der vertragsärztlichen Versorgung stand zuletzt im Mittelpunkt einer Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG), das sich mit Unterlassungs- und Auskunftsansprüchen eines Nephrologen zu befassen hatte, der sich u. a. gegen die einem Konkurrenten erteilte Genehmigung einer Nebenbetriebsstätte gewandt hatte.[7]