Kardiologie up2date 2019; 15(04): 335-352
DOI: 10.1055/a-0710-7023
Entzündliche Herzerkrankungen und Kardiomyopathien
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ventrikuläre Arrhythmien bei Myokarditis und inflammatorischer Kardiomyopathie

Ventricular Arrhythmias in Myocarditis and Inflammatory Cardiomyopathy
Jürgen Schreieck
,
Peter Seizer
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Publication Date:
02 December 2019 (online)

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Die sehr heterogenen Myokarditiden sind oft mit Unsicherheiten in Diagnose, Therapierbarkeit und Prognose verbunden. Gefährliche ventrikuläre Arrhythmien und der plötzliche Herztod können vorkommen und erfordern ein stringentes Vorgehen – häufig ohne gesicherte Diagnose. Dieser Beitrag zeigt, wann Gefährdungen entstehen und welche Risikobeurteilungen und Therapieoptionen empfehlenswert sind. Außerdem werden nicht ischämische Kardiomyopathien abgegrenzt.

Kernaussagen
  • Patienten mit akuter Myokarditis sollten je nach Risikofaktoren wie Nekrosemarkern, Herzinsuffizienzzeichen, Inflammationsnachweis und ventrikulären Arrhythmien stationär überwacht werden und eine strikte körperliche Schonung einhalten.

  • Myokarditispatienten mit bedrohlichen VTs oder drohendem Pumpversagen sollten an ein Maximalversorgungszentrum verlegt werden (Katheterablation, Kreislaufunterstützungssysteme).

  • Betablocker sind die erste Wahl der antiarrhythmischen Therapie bei Myokarditis. Als Additivum kommt Amiodaron infrage. Bei VTs aus der Bradykardie heraus muss ein passageres Pacing hinzugezogen werden. Klasse-I-Antiarrhythmika sind kontraindiziert.

  • Myokarditiden mit rhythmogenen Komplikationen und der Notwendigkeit einer zeitnahen spezifischen Therapie sind die Lyme-Karditis (AV-Blockierungen), die kardiale Sarkoidose (lebensbedrohliche VTs) und die Riesenzellmyokarditis (VTs und Leitungsblockierungen).

  • Bei chronischer Myokarditis kommen der Myokardbiopsie und dem LGE in der Kardio-MRT prognostische Bedeutung zu.

  • Die VES/VT-Ablation bei NICM sollte erfahrenen Zentren vorbehalten bleiben. Sie gilt als symptomatische Therapie, wenn Amiodaron nicht wirkt. Sie kann aber auch zur Vermeidung einer rhythmogenen Herzinsuffizienz prognoserelevant werden.

  • Die tragbare Defibrillatorweste ist durch hohe Effektivität und Sicherheit geeignet, temporär bei mitarbeitsfähigen Kardiomyopathiepatienten den plötzlichen Herztod zu verhindern.

  • Die NICM-Therapie sollte – vor Entscheidung über eine ICD-Implantation – bis zu 6 Monate lang optimiert werden. Bei Myokarditis-Risikoprädiktoren und insbesondere bei bereits therapiepflichtigen Kammerrhythmusstörungen scheint dabei ein temporärer Defibrillationsschutz mittels Defibrillatorweste angebracht zu sein.