B&G Bewegungstherapie und Gesundheitssport 2018; 34(05): 207-208
DOI: 10.1055/a-0670-3330
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Liebe Leserinnen und Leser,

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Publication Date:
12 October 2018 (online)

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Klaus Schüle

Mit dem Panoramawandel der Erkrankungen ist schon seit vielen Jahren auch die Zunahme multimorbider Patienten / Rehabilitanden verbunden. Diese wiederum ist überwiegend der demographischen Entwicklung einerseits, aber auch dem medizinischen Fortschritt andererseits geschuldet. So erfreulich sicherlich der Zugewinn an Lebensjahren ist, um so nachdenklicher muss einen wieder einmal der aktuelle Personalengpass in der Nachsorge und Pflege stimmen. In den 60er und 70er Jahren hatten wir schon einmal einen ähnlichen „Pflegenotstand“ und eine große (Ab-) Werbekampagne von Pflegekräften, damals überwiegend aus den asiatischen Ländern.

Da es bei der Multimorbidität weniger um eine Summierung der einzelnen Krankheiten, sondern um das Gesamt der Erkrankungen mit ihren vielfältigen Begleiterscheinungen wie z. B. Schmerzen, kognitiven und funktionellen Einschränkungen, d. h. um die alltägliche Funktionsfähigkeit, geht, können hier bewegungstherapeutische Maßnahmen hilfreich sein.

Köppel et al. zeigen uns, welche positiven Auswirkungen ein gezieltes Krafttraining u. a. auf Knochendichte, Skelettmuskulatur, auf ausgewählte onkologische Erkrankungen bis hin zur nachgewiesenen reduzierten Mortalität haben können und deklarieren die Kraftfähigkeit als eine wichtige „eigenständige Gesundheitsressource“, die bis vor wenigen Jahren im Gesundheitsbereich noch „sträflich“ vernachlässigt wurde.

Wer sich in den wissenschaftlichen Bereich der „evidenzbasierten Gesundheitsversorgung“ einarbeiten, zumindest aber damit vertraut machen möchte, wird mit dem Beitrag von Schaller et al. bestens bedient. Hier wird exemplarisch die Planung einer bewegungsorientierten Interventionsstudie skizziert und auch mit reichlich einschlägiger Literatur unterfüttert.

Dass die Erwartungen an die hausärztliche Beratung bezüglich Bewegungsförderung nicht immer erfüllt werden und die mitunter „phantasielose“ Umsetzung des Präventionsgesetzes hier häufig enttäuscht, ist den Bewegungstherapeuten geläufig. Hier setzt der Beitrag von Peters und dem Team der Würzburger Reha-Wissenschaftler an, in dem sie Praxishilfen vorstellen, in die u. a. die deutschen „Nationalen Empfehlungen für Bewegung und Bewegungsförderung“ aufgenommen wurden und das Ablaufschema einer Kurzberatung gemäß der 5A-Methode (Ask / Assess, Agree, Advise, Assist, Arrange) eingebaut ist. Hiermit soll den Barrieren zur ärztlichen Bewegungsberatung entgegengewirkt werde.

Der Kernteil des Heftes schließt mit der soeben vom DVGS aktualisierten und verabschiedeten „Revision des Modulhandbuches“ zur Erlangung einer adäquaten Qualifizierung der Sport-/BewegungstherapeutInnen, vorgestellt von Angelika Baldus. Diese Anpassung war insbesondere unter der Berücksichtigung der indikationsübergreifenden Aspekte der Multimorbidität notwendig geworden, wie sie gerade in den Beiträgen dieser Ausgabe gefordert wurden. Zentrum bleibt jedoch nach wie vor die Erlangung einer biopsychosozialen Kompetenz sowie die Vermittlungsfähigkeit einer bewegungsbezogenen Gesundheitskompetenz, um letztlich bei den Patienten / Rehabilitanden eine für sie einsichtige und selbstbestimmte Lebensqualität zu erreichen.

Während der Drucklegung dieses Heftes wurde gerade das diesjährige Gutachten (2018) des SACHVERSTÄNDIGENRATES zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen: „Bedarfsgerechte Steuerung der Gesundheitsversorgung“ aufgelegt. Wir denken, mit dem neuen Curriculum bereits einen Beitrag in diese Richtung geleistet zu haben.

In alter Verbundenheit

Ihr

Klaus Schüle

In eigener Sache:

Mit dem vorgelegten Heft 5 / 2018 fungiere ich letztmalig als Mitherausgeber der Bewegungstherapie und Gesundheitssport (B&G). Diese Aufgabe wird zukünftig Freerk Baumann übernehmen.

Nachdem ich seit der ersten Ausgabe der damaligen Sport und Gesundheit (1 / 1984, Hrsg. Theo Stemper und Dieter Lagerström) zur Redaktion gehöre und diese Rolle mit unterschiedlichen Funktionen über all die Jahre mit wechselndem Erfolg innehatte, im Übrigen auch zusammen mit Hubertus Deimel, der auch heute noch zur Redaktion gehört, haben wir diverse, jedoch nur geringfügige, Titeländerungen und Aufmachungen miterlebt. Während die „große“ Herz, Sport und Gesundheit (Umfang ca. 46 Seiten) später keinen Sponsor mehr hatte und damit leider eingestellt werden musste, hat sich unser ursprüngliches Beiblatt sporttherapie in theorie und praxis als DVGS eigenes Forum bis zum jetzigen Erscheinungsbild gemausert. Heute unvorstellbar, haben Herr Deimel und ich die Textseiten noch selbst mit der Hand geklebt und mit dieser Vorarbeit zur Druckerei gebracht! Der Umfang betrug in der Regel 16 Seiten!

Es folgten ab dem 9. Jahrgang die Herausgabe beim arusin verlag unter der Schriftleitung von Klaus Weiß, gefolgt ab dem 14. Jahrgang (1998) beim Sport Consult Fachverlag unter der Redaktion von Hartmut Binkowski, bis wir schließlich im 20. Jahr (2004) beim renommierten Thieme Verlagsverbund angelangt sind und heute im 34. Jahrgang stehen. Dass wir nun ab dieser Ausgabe bei Thieme direkt publizieren, freut mich persönlich ganz besonders, da ich den Verlag seit meinem Berufsanfang über meinen ehemaligen Chef Prof. Jochheim, als ehemaligem Herausgeber diverser Thieme Bücher und der Zeitschrift Die Rehabilitation, gut kannte.

Ich wünsche der Redaktion, den Herausgebern sowie allen Thieme-Mitarbeitern, die diese Zeitschrift mitbetreuen, weiterhin – um in der Sportlersprache zu bleiben – ein so harmonisches Zusammenspiel, wie ich es in den vergangenen Jahren erfahren durfte.