Zusammenfassung
Im Jahr 2017 hat die Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde
(ÖGKJ) eine Leitlinie zur Erstversorgung von Frühgeborenen an der Grenze der Lebensfähigkeit
veröffentlicht. In dieser Leitlinie wurde empfohlen, im Bereich der frühen Frühgeburt
(22 + 0 – 24 + 6 SSW) aufgrund eines vermeintlich geringeren perinatalen Hirnblutungsrisikos
als Entbindungsmodus eine Sectio caesarea zu präferieren. Im Gegensatz dazu ist die
Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (OEGGG) der Ansicht,
dass es für diese Empfehlung keine klinische und wissenschaftliche Grundlage gibt
und der Entbindungsmodus im Bereich der frühen Frühgeburtlichkeit der individuellen
maternalen und fetalen klinischen Situation angepasst werden muss. Die internationale
Datenlage der meist retrospektiven Untersuchungen zeigt heterogene Ergebnisse zu der
Fragestellung des Entbindungsmodus. Prospektive und randomisierte Daten liegen nur
unzureichend vor. Eine Cochrane-Analyse zeigt keinen Vorteil zugunsten der Schnittentbindung.
Die deutschsprachigen Leitlinien (AWMF und Schweiz) kommen zu analogen Empfehlungen,
den Entbindungsmodus im Bereich der frühen Frühgeburt individuell der jeweiligen klinischen
Situation anzupassen. Die OEGGG empfiehlt deshalb im Bereich der frühen Frühgeburtlichkeit
bei Einlingen in Schädellage ein individuelles Entbindungsmanagement, das die maternale
und fetale klinische Situation berücksichtigt und auch eine Vaginalgeburt als Geburtsmodus
in den klinischen Entscheidungsprozess einschließt.
Schlüsselwörter
Geburtsmodus - frühe Frühgeburtlichkeit - Schwangerschaft - perinatale Mortalität
- neonatale Morbidität