Zeitschrift für Phytotherapie 2018; 39(05): 221-222
DOI: 10.1055/a-0654-0668
Forschung
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Phyllanthus emblica – Indische Stachelbeere, Amlabaum, Makhahm poom

Thailändische Heilpflanzen im Kurzporträt
Josef Burri
Langnau am Albis
,
Bernhard Uehleke
Berlin
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
26 October 2018 (online)

Zoom Image
Abb. 1 Die Indische Stachelbeere. Vor allem ihre Früchte werden medizinisch, aber auch als Nahrungsmittel genutzt. © Salim Kandoker

Phyllanthus emblica L. (syn: Emblica officinalis, Euphorbiaceae) ist in phytotherapeutischer, kultureller und religiöser Hinsicht eine interessante Pflanze [Abb. 1]. Angeblich soll sie aus Indien stammen. Diese Annahme hat wohl vor allem damit zu tun, dass sie sowohl im Hinduismus wie im Buddhismus verehrt wird. Sie gilt als Wohnstatt von Vishnu. Im Theravada-Buddhismus gibt es eine erzählerische Überlieferung, wonach Buddha unter einem Amlabaum die vollkommene Einsicht gewonnen habe, häufig und missverständlich Erleuchtung genannt. Möglicherweise handelt es sich hier um eine Verwechslung mit dem Bodhi-Baum (Ficus religiosa). Auf jeden Fall zeigt eine Verbindung zwischen einer herausragenden Gottheit oder religiösen Gestalt Indiens und einem Baum an, dass letzterem eine besondere Potenz wie beim Amlabaum oder dann eine innige Verehrung wie im Falle des Bodhi-Baumes zukommt. Die Wirkkraft des gewissermaßen geheiligten Baumes äußert sich dann in einer langen Indikationsliste wie im Falle der Indischen Stachelbeere. Manchmal wird die Pflanze auch mit der Myrobalane verwechselt, wohl weil sie auf Englisch „Emblic Myrobalan“ heißt und auf Deutsch auch „aschfarbene Myrobalane“ genannt wird. Die wörtliche Übersetzung aus dem Thailändischen lautet übrigens „Festungs-Tamarinde“.

Der 8–10 m in die Höhe ragende Amlabaum wird in Thailand als einheimisch betrachtet, denn zahlreiche Dörfer sind nach ihm benannt. Alle Teile des Baumes gelten als heilend, aber mit verschiedenen Wirkspektren. In Thailand und in Indien gelangt vor allem die Frucht zur Anwendung: Sie lindert Husten, löst zähen Schleim in den Bronchien, senkt das Fieber, fördert die Verdauung und gilt allgemein als Tonikum [1]. In der Ayurveda-Medizin wird der Fruchtsaft als Laxativ und Appetitanreger verwendet. Die Frucht ist sauer und adstringierend (herb); als sekundäre Geschmacksnuancen werden genannt: süß, bitter und scharf. Der Amlabaum soll alle drei Doshas ausbalancieren. Zahlreiche weitere Anwendungsindikationen werden beansprucht: Herzbeschwerden, Diabetes, Lebererkrankungen, Augenprobleme, Arteriosklerose, Alzheimer-Krankheit, Stärkung des Immunsystems, gegen vorzeitiges Altern. Bemerkenswert ist auch der hohe Anteil an Vitamin C, es sollen bis zu 445 mg/100 g sein [2].

Dass die Frucht des Amlabaumes in Thailand ähnlich wie in Indien eingesetzt wird, deutet auf eine gegenseitige Interdependenz zwischen den beiden Medizinsystemen Ayurveda und Traditionelle Thailändische Medizin hin. Es ist deshalb nicht ganz korrekt, wenn der therapeutische Einsatz der Indischen Stachelbeere ausschließlich Ayurveda zugeschrieben wird, da ein Austausch von pflanzenmedizinischem Wissen im südostasiatischen Raum schon im ersten Jahrtausend nach Christus einsetzte und der Transfer nicht nur in eine Richtung ging. In der volksmedizinischen Anwendung der Frucht ragt für Thailand die Anwendung als Expektorans heraus [Abb. 2]. Empfohlen wird die Frucht außerdem als Diuretikum, Antidiarrhoikum, Antipyretikum und als Mittel gegen Skorbut [3], [4]. Auch die Traditionelle Chinesische Medizin schenkte der Indischen Stachelbeere ihre Aufmerksamkeit [5].

Zoom Image
Abb. 2 Hustensirup aus der Indischen Stachelbeere (Produkt des Spitals Chao Phraya Abhaibhubejhr in Prachinburi, Thailand). © Josef Burri
 
  • Literatur

  • 1 Krishnaveni M, Mirunalini S. Therapeutic potential of Phyllanthus emblica (amla): the ayurvedic wonder. J Basic Physiol Pharmacol 2010; 21: 93-105
  • 2 Tarwadi K, Agte V. Antioxidant and micronutrient potential of common fruits available in the Indian subcontinent. Int J Food Sci Nutr 2007; 58: 341-349
  • 3 Saralamp P, Chuakul W, Temsiririrkkul R, Clayton T. Medicinal Plants in Thailand, Volume I. Department of Pharmaceutical Botany, Faculty of Pharmacy, Mahidol University. , Bangkok: 1996: 145
  • 4 Salguero CP. A Thai Herbal – Traditional Recipes for Health and Harmony. Chiang Mai: Silkworm Books; 2005: 102-103
  • 5 Gaire BP, Subedi L. Phytochemistry, pharmacology and medicinal properties of Phyllanthus emblica Linn. Chin J Integr Med. 2014 - online Dec 9 . doi: 10.1007 / s11655-014-1984-2
  • 6 Khanna S, Das A, Spieldenner J. et al. Supplementation of a standardized extract from Phyllanthus emblica improves cardiovascular risk factors and platelet aggregation in overweight / class-1 obese adults. J Med Food 2015; 18: 415-420
  • 7 Fatima N, Pingali U, Muralidhar N. Study of pharmacodynamic interaction of Phyllanthus emblica extract with clopidogrel and ecosprin in patients with type II diabetes mellitus. Phytomedicine 2014; 21: 579-585
  • 8 Akhtar MS, Ramzan A, Ali A, Ahmad M. Effect of Amla fruit (Emblica officinalis Gaertn.) on blood glucose and lipid profile of normal subjects and type 2 diabetic patients. Int J Food Sci Nutr 2011; 62: 609-616