Zusammenfassung
Nykturie, definiert als Miktion von mindestens 1 Mal pro Nacht, ist eines der am häufigsten
vorkommenden Symptome bei Männern mit benignem Prostatasyndrom (BPS) und oft Ursache
für Arztkonsultationen. Nykturie ist für den Betroffenen nicht nur lästig, sondern
auch für eine erhöhte Morbidität und Mortalität verantwortlich. Nykturie kann durch
eine vermehrte Flüssigkeitsaufnahme, gesteigerte Diurese oder verminderte Blasenkapazität
verursacht werden. Häufig liegen beim einzelnen Mann mehrere Ursachen vor, die nur
durch systematische Abklärung detektiert und differenziert werden können. Das Blasentagebuch
für drei Tage ist ein essenzieller Bestandteil bei der Abklärung der zugrundeliegenden
Pathophysiologie, die Grundlage für eine rationelle Therapie der Nykturie darstellt.
Behandlungsziele sind die Reduktion der Miktion auf weniger als 2 Mal pro Nacht, die
Verlängerung der ersten Schlafphase auf über 4 Stunden, die durch den Schlafmangel
ausgelöste verminderte Lebensqualität wieder herzustellen und die mit Nykturie assoziierte
Morbidität und Mortalität zu senken. Liegt beim Patienten mit BPS eine funktionell
reduzierte Blasenkapazität durch Restharnbildung vor, können α-Blocker, 5α-Reduktasehemmer,
Phosphodiesterase Typ 5-Inhibitoren, Pflanzenextrakte oder Prostataoperationen (z. B.
TURP) die Nykturiefrequenz signifikant senken. Liegt jedoch eine nächtliche Polyurie
vor, wie bei 80 % der BPS-Patienten mit Nykturie nachgewiesen wurde, sollte das therapeutische
Ziel die Verminderung des nächtlichen Urinvolumens sein. Bei Mangel des antidiuretischen
Hormons (Arginin-Vasopressin) ist die Einnahme von Desmopressin vor dem Schlafengehen
die erste Therapiewahl. Eine neue galenische Zubereitung von Desmopressin reduziert
die Wahrscheinlichkeit der Hyponatriämie und kann daher auch bei Männern über 65 Jahre
sicher eingesetzt werden. Eine Medikamentenkombination könnte bei Männern mit mehreren
Ursachen für die Nykturie sinnvoll sein.
Abstract
Nocturia, defined as nocturnal micturition with a frequency of at least once per night,
is one of the most frequent lower urinary tract symptoms in men with benign prostatic
hyperplasia (BPH) and often causes them to consult a physician. Nocturia is often
bothersome and responsible for increased morbidity and mortality. Nocturia can be
caused by increased fluid intake, increased diuresis or decreased bladder capacity,
either alone or in combination. The underlying pathophysiology of nocturia can only
be detected by methodical evaluation of the patient. Bladder diaries for 3 days are
an essential part of the assessment. Treatment goals include reducing the nocturnal
voiding frequency to less than 2 episodes per night, increasing the duration of undisturbed
sleep to more than 4 hours, restoring quality of life, and reducing morbidity as well
as mortality. In patients with reduced functional bladder capacity, α-blockers, 5α-reductase
inhibitors, phosphodiesterase type-5 inhibitors, plant extracts or prostate operations
(e. g. TURP) have shown to significantly reduce nocturnal voiding frequency. If nocturnal
polyuria causes or contributes to nocturia, as shown in up to 80 % of BPH patients
with nocturia, the treatment goal is to reduce urine production during the night.
Low nocturnal serum concentration of the antidiuretic hormone can be treated with
desmopressin to be taken at bedtime. The risk of hyponatremia is reduced with the
new low-dose desmopressin formulation, which can be used even in men older than 65
years of age. Drug combinations may be useful in men with a mixed pathophysiology
of nocturia.
Schlüsselwörter
Nykturie - benigne Prostatahyperplasie - Restharn - nächtliche Polyurie - Desmopressin
Keywords
nocturia - benign prostatic hyperplasia - nocturnal polyuria - desmopressin - post-void
residual urine