Open Access
CC BY-NC-ND 4.0 · Geburtshilfe Frauenheilkd 2018; 78(07): 697-706
DOI: 10.1055/a-0636-4224
GebFra Science
Original Article/Originalarbeit
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Perinatales Outcome bei Frauen mit vietnamesischem Migrationshintergrund – retrospektive vergleichende Datenauswertung von 3000 Geburtsverläufen

Article in several languages: English | deutsch
Nicole Boxall*
1   Charité – Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Gynäkologie, Campus Virchow-Klinikum, Berlin, Germany
,
Matthias David*
1   Charité – Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Gynäkologie, Campus Virchow-Klinikum, Berlin, Germany
,
Elisabeth Schalinski
2   Vivantes Klinikum im Friedrichshain, Klinik für Gynäkologie und Geburtsmedizin, Berlin, Germany
,
Jürgen Breckenkamp
3   Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften, AG 3 – Epidemiologie & International Public Health, Bielefeld, Germany
,
Oliver Razum
3   Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften, AG 3 – Epidemiologie & International Public Health, Bielefeld, Germany
,
Lars Hellmeyer
2   Vivantes Klinikum im Friedrichshain, Klinik für Gynäkologie und Geburtsmedizin, Berlin, Germany
› Author Affiliations
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Publication History

received 10 October 2017
revised 29 May 2018

accepted 29 May 2018

Publication Date:
25 July 2018 (online)

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Zusammenfassung

Einleitung Perinataldaten von Frauen mit vietnamesischem Migrationshintergrund wurden in Deutschland bisher nicht systematisch untersucht. Zahlreiche Angaben zu wichtigen mütterlichen und kindlichen Outcomes wurden vergleichend analysiert. Hauptzielparameter der Studie waren Häufigkeit und Indikationsstellung von Sectios.

Methodik Die Perinataldaten einer Berliner Klinik wurden retrospektiv ausgewertet. Die Gruppenzuordnung der Frauen (vietnamesischer Migrationshintergrund vs. autochthon) erfolgte mittels Namensanalyse. Datensätze von 3002 Gebärenden, darunter 999 Frauen mit vietnamesischem Migrationshintergrund, konnten eingeschlossen werden. Mittels logistischer Regressionsanalysen wurden u. a. die Zusammenhänge zwischen primärer bzw. sekundärer Sectio sowie verschiedenen kindlichen Outcomes in Abhängigkeit vom Migrationshintergrund (Exposition) untersucht.

Ergebnisse Frauen mit vietnamesischem Migrationshintergrund haben mit 8,0% primären und 12,6% sekundären Sectios eine geringere Sectiohäufigkeit als Frauen ohne Migrationshintergrund (11,1% primäre resp. 16,4% sekundäre Sectio). Die Regressionsanalysen zeigen für Frauen mit vietnamesischem Migrationshintergrund eine statistisch nicht signifikant geringere Chance einer primären (OR 0,75; p = 0,0884) und einer sekundären Sectio (OR 0,82; p = 0,1137). Ein vietnamesischer Migrationshintergrund war mit einer höheren Chance für einen Dammschnitt, nicht aber für einen Dammriss 3./4. Grades verbunden. Ein vietnamesischer Migrationshintergrund hat keinen signifikanten Einfluss auf ungünstige 5-min-Apgar-Werte ≤ 7 und ungünstige arterielle Nabelschnur-pH-Werte ≤ 7,10. Neugeborene von Müttern mit vietnamesischen Migrationshintergrund haben eine höhere Chance eines relativ höheren Geburtsgewichts (> 3110 g).

Zusammenfassung Es fand sich kein Hinweis, dass Frauen mit vietnamesischem Migrationshintergrund häufiger per Kaiserschnitt entbunden werden. Auch hinsichtlich wichtiger kindlicher Outcome-Daten zeigten sich keine Unterschiede zu Frauen der Vergleichsgruppe. Insgesamt geben die Ergebnisse keine Hinweise auf eine schlechtere Betreuungsqualität von Frauen mit vietnamesischem Migrationshintergrund in Berlin trotz in der Versorgungsrealität vorhandener Kultur- und Kommunikationsbarrieren.

* geteilte Erstautorschaft