Neonatologie Scan 2018; 07(03): 149-150
DOI: 10.1055/a-0632-8505
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Neue Erkenntnisse zu Infektionen und Impfungen bei Frühgeborenen

Axel Hübler
,
Roland Hentschel
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Publication Date:
28 August 2018 (online)

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Axel Hübler
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Roland Hentschel

Liebe Leserinnen und Leser,

Infektionen sind weiterhin eine der größten Bedrohungen für Patienten in neonatologischen Abteilungen. Bei 4,8 % der 13 000 im Jahr 2017 in Baden-Württemberg stationär behandelten Früh- und Neugeborenen lag zumindest begleitend eine Sepsis vor, bei 2,4 % eine Pneumonie und bei 0,4 % eine nekrotisierende Enterokolitis Stadium II oder III. Dem steht jedoch eine Zahl von 46 % aller Patienten gegenüber, die wenigstens eine systemische Antibiotikatherapie irgendwann während ihres gesamten Klinikaufenthalts erhielten.

„Antimikrobielle Stewardship“ ist für die meisten Kliniken heute glücklicherweise kein Fremdwort mehr, was in Zeiten zunehmender Resistenzentwicklung bakterieller Erreger auch unabdingbar erscheint. Was die damit verbundenen Konsultationen und Prozessverbesserungen bewirken können, nämlich unter anderem einen signifikanten Rückgang der Verwendung antimikrobieller Verordnungen, zeigt der in dieser Ausgabe der Neonatologie Scan referierte Beitrag von McCarthy et al.

Ein weiterer Beitrag zielt auf eine vielfach praktizierte „Gewohnheit“ auf Intensivstationen, nämlich der „Single shot“-Antibiotikagabe: mal angewendet bei kleineren Operationen, mal beim versehentlich unsterilen Umgang mit einem zentralen Venenkatheter – die Liste ließe sich beliebig verlängern. Die in dieser Ausgabe zusammengefasste Studie von Bhargava et al. räumt mit der Vermutung auf, es könnte sinnvoll sein, vor dem Entfernen eines zentralen Katheters eine Einzeldosis Vancomycin zu geben; ein positiver Effekt ließ sich in dieser retrospektiven Studie nicht nachweisen.

Zwei weitere referierte Beiträge behandeln die unterschiedlichen nationalen Strategien zur Infektionsprophylaxe, einmal bezüglich des Screenings auf B-Streptokokken bei der Schwangeren und zum anderen zur Impfung gegen Meningokokken der Serogruppe B; diese hatte das Robert-Koch-Institut Ende letzten Jahres bei niedriger und weiter fallender Inzidenz für Deutschland mit einer ausführlichen Begründung nicht in den Standardimpfkatalog aufgenommen. In Großbritannien – mit einer höheren Inzidenz – werden jetzt auch VLBW-Frühgeborene im Alter von 2 Monaten gemäß offizieller Empfehlung zunehmend geimpft, und zwar gleichzeitig mit weiteren Kombinationsimpfstoffen. Gegen eine häufig zu beobachtende begleitende Fieberreaktion werden routinemäßig 3 Dosen Paracetamol verabreicht. Damit lässt sich auch die hohe Rate an neu (oder wieder) auftretenden Sättigungsabfällen beherrschen. Ist das vielleicht eine generelle Option gegen diese typischen Impf-Nebenwirkungen bei Frühgeborenen?

Zwei große deutsche Studien werden schließlich noch vorgestellt: zum einen eine aus dem GNN-Netzwerk zur CMV-Transmission, eine andere, die den Effekt der RSV-Immunisierung unter den speziellen deutschen Bedingungen eindrucksvoll belegt.

Neueste Forschungsergebnisse zu Immunabwehr, Impfungen und Infektionen stehen auch auf dem Programm des diesjährigen großen Kongresses für Kinder- und Jugendmedizin, der vom 12. – 15.09.2018 in Leipzig stattfindet. Daneben bietet das Programm unter anderem einen Schwerpunkt zur Akut- und Notfallmedizin in der Kinderheilkunde, aber natürlich stehen auch die Probleme des Früh- und Neugeborenen auf der Tagesordnung.

Tagungspräsident für die DGKJ wird Prof. Dr. Gerhard Jorch, Magdeburg, sein. Der Begründer dieser Zeitschrift und langjährige Mitherausgeber wird sich mit diesem Kongress aus seiner aktiven Berufstätigkeit verabschieden. Die gegenwärtigen Herausgeber und der Thieme-Verlag wünschen ihm für seinen weiteren Lebensweg alles Gute.

Ihre Herausgeber

Prof. Dr. med. Roland Hentschel
Leiter des Funktionsbereichs Neonatologie/Intensivmedizin
Universitätsklinikum Freiburg

PD Dr. med. Axel Hübler
Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin
Klinikum Chemnitz gGmbH