physioscience 2018; 14(02): 99
DOI: 10.1055/a-0602-2277
Leserbrief
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Leserbrief zu: Hummel A, Porz R. Das Denkparadigma der Forschungsethik. physioscience 2017; 13: 117–120

Christoff Zalpour
Hochschule Osnabrück, University of Applied Sciences
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
12. Juni 2018 (online)

Ich freue mich immer über die Auseinandersetzung mit ethischen Fragen in Klinik und Wissenschaft, unter anderem weil ich das Fach Ethik für Therapeuten an der Hochschule Osnabrück lehre und auch Mitbegründer und aktives Mitglied der hiesigen Ethikkommission bin.

Meines Erachtens wird auf die Helsinki-Deklaration, deren englische Quelle in der aktuellsten Fassung von 2013 zwar im Literaturverzeichnis korrekt angegeben ist, im Text selber aber nicht ausreichend und würdigend genug eingegangen. Es liest sich nämlich so, als sei dieses Dokument von 1964 und damit eventuell nicht mehr zeitgemäß. Dies ist aber mitnichten der Fall, es handelt sich hierbei um ein „Living Document“, das die Delegierten der World Medical Association (WMA) ständig bearbeiten und aktualisieren [1] [2], zuletzt eben auf der 46. Generalversammlung im Oktober 2013 in Fortaleza (Brasilien).

Wiesing und Parsa-Parsi [3] beschreiben die Unterschiede der aktuellen zur vorherigen Fassung detailliert in ihrem Artikel von 2013.

In der Präambel des Dokuments heißt es übrigens, dass:

  • es um Grundsätze für medizinische Forschung am Menschen geht, einschließlich der Forschung an identifizierbaren Materialien und Daten;

  • die Deklaration als Ganze zu lesen ist und ihre Paragrafen unter Berücksichtigung aller übrigen relevanten Paragrafen angewendet werden sollen, also nicht einzelne Versatzstücke mit solchen anderer Quellen vermischt werden sollen;

  • sich die Deklaration an alle richtet, die Forschung am Menschen betreiben, also auch Physiotherapeut*innen sie nutzen und sich auf sie berufen können.

(Hervorhebungen durch den Autor)

Kein anderer Kodex zur Forschung am Menschen ist so ausgereift und weltweit so akzeptiert wie die Helsinki-Deklaration, die meines Erachtens vollumfänglich als ethische Leitplanke für physiotherapeutische Forschung genutzt werden kann. Auch wenn wissenschaftliche Perspektiven und Methoden in der Medizin andere als die in der Physiotherapie sein können, deren ethischer Rahmen ist nicht anders.

Dem Schlusssatz des Artikels aber möchte ich auch gerne verstärken: mehr Physios in die Ethikkommissionen!

Im Literaturverzeichnis finden sich nicht nur Quellenbelege, sondern gleichermaßen auch wertvolle Tipps zur weiteren Beschäftigung mit der Thematik. Ein wichtiges Buch – vor allem, weil es stringent physiotherapeutisch ausgerichtet ist – fehlt mir allerdings: Gabbard DL, Martin MW. Physical Therapy Ethics. 2nd ed. Philadelphia: F.A. Davis; 2010. Dessen Lektüre möchte ich interessierten Lesern gerne anheimstellen.

 
  • Literatur

  • 1 Taupitz J. Forschung am Menschen: Die neue Deklaration von Helsinki. Dtsch Arztebl 2001; 98: A-2413
  • 2 Wiesing U, Parsa-Parsi RW. Deklaration von Helsinki: Neueste Revision. Dtsch Arztebl 2009; 106: A-503
  • 3 Wiesing U, Parsa-Parsi RW. Deklaration von Helsinki: Weltweite Bedeutung. Dtsch Arztebl 2013; 110: A-2414