Klin Monbl Augenheilkd 2019; 236(10): 1223-1226
DOI: 10.1055/a-0599-1076
Der interessante Fall
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Irisnävus oder Irismelanom? Ein progredienter Verlauf über mindestens 43 Jahre

Nevus or Melanoma of the Iris? A Progressive Course Over at Least 43 Years
Jens Martin Rohrbach
1   Department für Augenheilkunde, Forschungsbereich Geschichte der Augenheilkunde/Ophthalmopathologisches Labor, Eberhard-Karls-Universität Tübingen
,
Daniela Süsskind
2   Universitäts-Augenklinik, Eberhard-Karls-Universität Tübingen
,
Karl Ulrich Bartz-Schmidt
2   Universitäts-Augenklinik, Eberhard-Karls-Universität Tübingen
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Weitere Informationen

Publikationsverlauf

eingereicht 31. Januar 2018

akzeptiert 05. März 2018

Publikationsdatum:
03. Mai 2018 (online)

Kasuistik

Im Jahre 1974 stellte sich eine damals 34-jährige Patientin wegen eines „Irisflecks“ am rechten Auge in der Universitäts-Augenklinik Tübingen vor. „Der Fleck“ war seit der Geburt bekannt und ab 1958 von niedergelassenen Augenärzten kontrolliert worden. Laut Augenarztbericht war mindestens seit 1965 eine gonioskopische Beteiligung des Kammerwinkels bekannt. Die Sehschärfe betrug bei der Erstuntersuchung beidseits mit geringer Plus-Korrektur 1,0; der Augendruck lag an beiden Augen im Normbereich. Der Augenhintergrund wies beidseits keine Besonderheiten auf. Am rechten Auge imponierte zwischen 7 und 9:30 Uhr eine flächige, dunkelbraune Veränderung der Iris, die bis in den Kammerwinkel reichte und keine wesentliche Prominenz aufwies, aber zu einem Ektropium uveae und einer Pupillenentrundung nach 8 Uhr geführt hatte. Gonioskopisch erreichte der Prozess den Kammerwinkel. Klinisch ergaben sich angesichts der damaligen diagnostischen Möglichkeiten – eine Ultraschallbiomikroskopie (UBM) gab es noch lange nicht – keine Hinweise auf einen Ziliarkörperprozess. Eine Bemerkung im Befundbericht von 1974 lautete: „Im Vergleich zu der beigefügten Aufnahme von 1965 ist keine wesentliche Veränderung eingetreten“. Die linke Iris war unauffällig. Die Veränderung wurde als Nävus gedeutet, ein Irismelanom wurde aber auch in Betracht gezogen. Selbst wenn tatsächlich ein Melanom anzunehmen gewesen wäre, wäre die Lesart in den 70er-Jahren des 20. Jahrhunderts gewesen „Wir können therapeutisch nicht viel machen, die Metastasierungsgefahr ist aber eher gering. Also warten wir ab, bis es zum tumorinduzierten Sekundärglaukom kommt und führen dann die Enukleation durch“. Die Häufigkeit von Fernmetastasen wird heute beim umschriebenen Irismelanom mit ca. 5% nach 10 Jahren [1] und mit ca. 13% nach 6,5 Jahren beim selteneren, diffusen Irismelanom [2] angegeben. Sie liegt damit deutlich unter derjenigen des Ziliarkörper- und Aderhautmelanoms mit ca. 50% nach 20 Jahren. Nicht zuletzt deshalb beschränkte man sich auch bei unserer Patientin auf ein „abwartendes Beobachten“ mit zunächst halbjährlichen Kontrollen. Im Jahre 1976 ([Abb. 1]) wurde der Prozess als weitgehend stationär gegenüber dem Erstbefund von 1974 beschrieben. Diaphanoskopisch ergab sich kein Anhalt für die Beteiligung des Ziliarkörpers.

 
  • Literatur

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