Allgemein- und Viszeralchirurgie up2date 2018; 12(02): 135-150
DOI: 10.1055/a-0586-1253
Recht, Begutachtung, Qualitätssicherung
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Das Aufklärungsgespräch

Isabelle Flammang
,
Norbert Senninger
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
27. April 2018 (online)

Nach ständiger Rechtsprechung ist jeder Eingriff in die körperliche Integrität, auch der ärztliche Heileingriff, eine Körperverletzung. Zur Vermeidung der Haftung ist dementsprechend die Einwilligung des Patienten vor Behandlungsbeginn notwendig, sodass die Selbstbestimmung und Entscheidungsfreiheit des Patienten gewahrt werden. Eine standardisierte Aufklärung zur Sicherung der gutachterlichen Nachhaltigkeit gewinnt dabei immer mehr an Bedeutung.

Kernaussagen
  • Das Aufklärungsgespräch bildet die Grundlage der Patienteninformation und schafft die Basis für ein vertrauensvolles Arzt-Patienten-Verhältnis.

  • Für den medizinischen Alltag sind die Standardisierung und Dokumentation der Aufklärung von hoher Bedeutung, um im Fall des Rechtsstreits die umfassend erfolgte Patientenaufklärung belegen zu können.

  • Von leitenden Ärzten verfasste Arbeitsanweisungen verschaffen jungen Assistenzärzten einen Überblick über die wichtigsten Eckpunkte der präoperativen Therapievorbereitung. Fehler bei der Patientenaufklärung können so vermieden werden.

  • Folgende Gesichtspunkte sind im Besonderen zu beachten:

    • Das Aufklärungsgespräch impliziert einen empathischen sensiblen Umgang mit dem Patienten, um als Basis für die weitere Therapie von Beginn an ein Vertrauensverhältnis zwischen dem Patienten und dem behandelnden Arzt zu schaffen.

    • Der Aufklärungsinhalt muss an die Lebensumstände des Patienten angepasst sein.

    • Der Aufklärungsumfang und -zeitpunkt richten sich nach der Dringlichkeit der Operation: Je dringlicher der Eingriff, desto geringer der Umfang und kürzer der Abstand der Aufklärung zum Therapiebeginn.

    • Je schwerwiegender die Folgen einer seltenen Komplikation, desto wichtiger ist die Aufklärung darüber.

    • Für eine umfassende Aufklärung muss eine Balance zwischen Standardisierung und Individualisierung geschaffen werden.

  • Für den Patienten ist eine individualisierte Aufklärung über Diagnose, Therapien und ihre Alternativen sowie mögliche Komplikationen von äußerster Wichtigkeit, damit er im Rahmen des Selbstbestimmungsrechts eine informierte und wohlüberlegte Entscheidung über die auf ihn zugeschnittene Behandlung treffen kann.

 
  • Literatur

  • 1 Ulsenheimer K. Aufklärungspflicht und Einverständniserklärung zur Behandlung. Chirurg BDC 1996; 35: 74-79
  • 2 Schlund GH. Die ärztliche Aufklärungspflicht im Spannungsfeld der Gerichte und der Ärzteschaft. Gynäkologe 1989; 22: 344-348
  • 3 Kayser MC, von Harder Y, Friemert B. Patientenaufklärung – Fakt und Fiktion. Chirurg 2006; 77: 139-149
  • 4 Patientenverfügung – Ein Instrument der Selbstbestimmung. Stellungnahme des Nationalen Ethikrats. Im Internet: http://www.ethikrat.org/dateien/pdf/patientenverfuegung-ein-instrument-der-selbstbestimmung.pdf Stand: 13.04.2018
  • 5 Katzenmeier C. Patientenautonomie und Patientenrechte. Bundesgesundheitsblatt 2012; 55: 1093-1099
  • 6 Thurau K, Senninger N. Das Aufklärungsgespräch. Allgemein- und Viszeralchirurgie up2date 2011; 4: 255-269
  • 7 OLG Celle, MedR 1984, 106.
  • 8 Diehn u. Rebhanh, NJW 2010, 326.
  • 9 Heberer J. Patientenaufklärung und präoperative Aufklärung. In: Jauch KW, Mutschler W, Hoffmann JN, Kanz KG. Chirurgie Basisweiterbildung. Heidelberg: Springer; 2013: 90-96
  • 10 Mennigen R, Senninger N. Operationen im hohen Alter: Klinische, ethische und juristische Asopekte. Allgemein- und Viszeralchirurgie up2date 2013; 4: 307-319
  • 11 Meltendorf G, Meltendorf C. Patientenaufklärung und Behandlungsdokumentation – Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten. Laryngo-Rhino-Otol 2013; 92: 482-493
  • 12 Weißauer W. Patientenaufklärung – neue Entwicklungen. Chirurg 1991; 30: 11-13
  • 13 Kayhan N, Reinerth G, Albers J. et al. Präoperative Aufklärung über neue Operationsstrategien: Interaktive Software zur Verbesserung der Patienteninformation. Herz Thorax Gefäßchir 2005; 19: 13-24
  • 14 Mennigen R, von Eiff W, Senninger N. Fehler in der Chirurgie. Konzepte zur Prävention, Analyse und Risikomanagement. Allgemein- und Viszeralchirurgie up2date 2011; 5: 403-420
  • 15 Watermann AD, Garbutt J, Hazel E. et al. The emotional impact of medical errors on practicing physicians in the United States and Canada. Jt Comm J Qual Patient Saf 2007; 33: 467-476
  • 16 Garbutt J, Waterman AD, Kapp JM. et al. Lost opportunities: how physicians communicate about medical errors. Health Aff (Millwood) 2008; 27: 246-255