Z Gastroenterol 2018; 56(03): 310-312
DOI: 10.1055/a-0573-7729
Mitteilungen der DGVS
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Stellungnahme zur Richtlinie für organisierte Krebsfrüherkennungsprogramme (oKFE-RL) und Änderung der Krebsfrüherkennungs-Richtlinie

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Publication Date:
12 March 2018 (online)

Christian P. Pox, Bremen

Generell ist festzustellen, dass die Etablierung eines Einladungsverfahrens für Dickdarmkrebs zu begrüßen ist. In England und den Niederlanden wird der Einladung ein FOBT zugefügt. Dieses Vorgehen erscheint für Deutschland nicht sinnvoll aufgrund der Möglichkeit primär eine Koloskopie durchführen zu lassen. Entsprechend ist die Entscheidung nachvollziehbar alle 5 Jahre ein persönliches Schreiben mit Informationen über die verfügbaren Tests zu verschicken. Ein Problem ist die fehlende Möglichkeit der Identifikation von Risikopersonen für familiäre/hereditäre Dickdarmkrebsformen. Idealerweise müsste jeder Versicherte früher z. B. mit 40 Jahren ein Informationsschreiben hierzu mit etabliertem Fragebogen erhalten, um entsprechend frühzeitig die ggf. erforderliche Früherkennung einleiten zu können. Auf jeden Fall sollte das erste Schreiben mit 50 Jahren Informationen zum familiären/hereditären Dickdarmkrebs mit etabliertem Fragebogen enthalten.

Änderungsvorschlag
Entwurf oKFE-RL – II. Besonderer Teil-A
§ 3 Anspruchsberechtigung
Anspruchsberechtigt sind versicherte Personen ab dem Alter von 50 Jahren

Begründung
Entspricht den Angaben in der S3-LL (Empfehlung 4.1) und den Empfehlungen der AGA (Rex et al. Gastroenterology 2017; 153: 307 – 323). Es wird geschlechtsunabhängig ein Beginn der Vorsorge-/Früherkennungsmaßnahmen mit 50 Jahren empfohlen. Es gibt keine eindeutigen Daten, die einen früheren Beginn bei Männern rechtfertigen. Hier sind weitere Studien erforderlich.

Änderungsvorschlag
Entwurf oKFE-RL – II. Besonderer Teil-A
§ 3 Anspruchsberechtigung
Versicherte Männer und Frauen können zwischen einer Koloskopie und einem Test auf okkultes Blut im Stuhl entscheiden

Begründung
Entspricht den Angaben in der S3-LL (Empfehlung 4.2, 4.6, 4.8) und den Empfehlungen der AGA (Rex et al. Gastroenterology 2017; 153: 307 – 323).
S. o.: Ein einheitliches Intervall beim FOBT (idealerweise jährlich) vereinfacht das Vorgehen. Es gibt keine Begründung für einen Wechsel des Intervalls ab 55 J.

Änderungsvorschlag
Entwurf oKFE-RL – II. Besonderer Teil-A
§ 3 Anspruchsberechtigung
Es sind höchstens 3 Koloskopien durchzuführen. Eine Koloskopie ab dem Alter von 65 Jahren gilt als dritte Vorsorgekoloskopie

Begründung
Bei einem Beginn mit 50 Jahren und einem Intervall von 10 Jahren erscheint es unter Berücksichtigung der zunehmenden Inzidenz mit dem Alter und der zunehmenden Lebenserwartung nicht ausreichend, die letzte Koloskopie mit 60 Jahren durchzuführen. In der EU-LL heißt es:

„The age range for a national screening programme should at least include 60 to 64 years in which CRC incidence and mortality are high and life-expectancy is still considerable. From there the age range could be expanded to include younger and older individuals, taking into account the balance between risk and benefit and the available resources“.

Die US-Preventive Task Force empfiehlt generell ein Screening bis 75 Jahren und kein Screening mehr ab 85 J (US Preventive Task Force Ann Intern Med 2008; 149: 627 – 637)

Änderungsvorschlag
Entwurf oKFE-RL – II. Besonderer Teil-A
§ 4 Einladung
Weitere Einladungen erfolgen jeweils mit dem Erreichen des Alters von 55, 60, 65 und 70 Jahren.

Begründung
Viele Dickdarmkrebsfrüherkennungsprogramme schließen Personen bis 75 Jahren ein (UK, NL). Ebenso lauten die Empfehlungen der US-Preventive Task Force. Daher erscheint eine letzte Einladung mit 65 Jahren, d. h. 10 Jahre früher als in anderen Ländern nicht ausreichend.

Änderungsvorschlag
Entwurf oKFE-RL – II. Besonderer Teil-A
§ 6 Durchführung der Untersuchungsmethode Test auf okkultes Blut im Stuhl
Es fehlt eine Anforderung dazu wer das Testergebnis dokumentiert bzw. wie die Information über das Testergebnis an die KV gelangt.

Begründung
Ein essentieller Bestandteil des Programms ist die Ergebnisdokumentation. Eine klare Regelung zur Ergebnisdokumentation ist entsprechend erforderlich.

Änderungsvorschlag
Entwurf oKFE-RL – II. Besonderer Teil-A
§ 7 Durchführung der Untersuchungsmethode Koloskopie
Der vorhandene Dokumentationsbogen Vorsorgekoloskopie sollte modifiziert werden um das Feld Indikation: pos. FIT

Begründung
Ein essentieller Bestandteil des Programms ist die Ergebnisdokumentation. Eine klare Regelung zur Ergebnisdokumentation ist entsprechend erforderlich. Bzgl. der erforderlichen Änderungen des Dokumentationsbogens neben eines Felds Indikation: positiver FIT s. Anmerkungen zu den Dokumentationsparametern weiter unten.

Änderungsvorschlag
Entwurf oKFE-RL – II. Besonderer Teil-A
§ 11 Programmbeurteilung
Punkt 3 Screening, Abklärungsdiagnostik, falsch positive Befunde und Detektionsraten von iFOBT und Koloskopie: Hier erscheint eine Aufteilung nach Koloskopie und IFOBT sinnvoll.

iFOBT:

  • Anteil positiver Testergebnisse

  • Rate an Koloskopien nach positivem iFOBT

  • Ergebnisse der Koloskopie nach positivem iFOBT (Rate an Karzinomen (inkl. Stadium), fortgeschrittenen Adenomen, anderen Adenomen, unauffälliger Koloskopie)

Vorsorgekoloskopien:

  • Ergebnisse (s. o. und Dokumentationsparameter

  • Komplikationen (für Definition s. Abschnitt Dokumentationsparameter)

Begründung
Durch eine Aufteilung wären die Parameter schärfer definiert.

Änderungsvorschlag
Dokumentationsparameter org. Darmkrebsfrüherkennung Anlage III
2.7. Polypen
Anzahl: 1, 2, 3 – 4, > 4

Begründung
Entsprechend der aktualisierten S3-LL ist für das Nachsorgeintervall nach Abtragung von Adenomen u. a. die Anzahl entscheidend. Die angegebene Anzahl entspricht den Angaben in der S3-LL.

Änderungsvorschlag
Dokumentationsparameter org. Darmkrebsfrüherkennung Anlage III
2.9. Polypen
Polypenabtragung: Polypektomie mittels Schlinge (statt Hochfrequenzschlinge)

Begründung
Entspricht der Nomenklatur in der S3-LL (Empfehlung 6.9)

Änderungsvorschlag
Dokumentationsparameter org. Darmkrebsfrüherkennung Anlage III

  • 2.13 Histologischer Befund

  • Hyperplastischer Polyp

  • Sessiles serratiertes Adenom

  • Traditionelles serratiertes Adenom

  • Gemischter Polyp

  • Adenom

    • Tubulär

    • Tubulovillös

    • Villös

    • Hochgradige intraepitheliale Neoplasie

    • Niedriggradige intraepitheliale Neoplasie

  • Karzinom

  • In toto entfernt (ja/nein/unklar)

  • Bei Adenomen und Karzinomen Angabe verpflichtend

  • Sonstige benigne

  • Sonstige maligne

Begründung
Entspricht den Angaben in der S3-LL (Empfehlung 6.8)

Änderungsvorschlag
Dokumentationsparameter org. Darmkrebsfrüherkennung Anlage III
2.14 Diagnose:

  • Hyperplastischer Polyp

  • Adenom mit niedriggradiger intraepithelialer Neoplasie

  • Adenom mit hochgradiger intraepithelialer Neoplasie

  • Kolonkarzinom

  • Rektumkarzinom

  • Sonstiges

Begründung
Diese Einteilung ist für das weitere Vorgehen (Nachsorge, OP, ...) entscheidend.

Änderungsvorschlag
Versicherteninformation für beide Geschlechter:
Es sollte bei der ersten verschickten Einladung einen Hinweis auf das erhöhte Risiko bei Vorliegen einer familiären/erblichen Form von Darmkrebs gegeben werden, idealerweise mit Zusatz eines etablierten Fragebogens zur Erfassung des familiären Risikos.

Begründung
Menschen mit familiärem/hereditärem Darmkrebs haben im Vergleich zur Normalbevölkerung ein erhöhtes Risiko für Darmkrebs. Da für sie die Vorsorge in der Regel bereits früher beginnt, ist eine Information mit 50 Jahren zwar spät, jedoch wären Personen mit 50 Jahren, die ein erhöhtes Risiko haben, eher bereit sich an der Krebsfrüherkennung zu beteiligen.

Änderungsvorschlag
Muster Anschreiben Männer
Alle gesetzlich versicherten Männer werden mit 50, 55, 60, 65 und 70 Jahren ...

Begründung
Viele Dickdarmkrebsfrüherkennungsprogramme schließen Personen bis 75 Jahren ein (UK, NL). Ebenso lauten die Empfehlungen der US-Preventive Task Force. Daher erscheint eine letzte Einladung mit 65 Jahren, d. h. 10 Jahre früher als in anderen Ländern nicht ausreichend.

Änderungsvorschlag
Muster Anschreiben Frauen
Bei der Auflistung der beiden Möglichkeiten zur Früherkennung von Darmkrebs keine Altersangaben machen (d. h. ab 50 Jahre bzw. 55 Jahre weglassen)

Begründung
Einheitliches Vorgehen für Männer und Frauen in der S3-LL empfohlen (s. o.)

Kontakt
PD Dr. med. Christian Peter Pox
Medizinische Klinik
Krankenhaus St. Joseph-Stift
Schwachhauser Heerstr. 54
28 209 Bremen