Zusammenfassung
Durch eine strenge Indikationsstellung zur Replantation, den differenzierten Einsatz
verschiedener Replantationskonzepte und einer optimalen postoperativen Begleittherapie
(„integratives Therapiekonzept“) kann eine deutliche Ergebnisverbesserung sowie Verringerung
der postoperativen Komplikationen erzielt werden.
Auf die überragende Bedeutung des „adäquaten Débridements“ von geschädigtem Gewebe
im Hinblick auf die Verbesserung der funktionellen Ergebnisse und die Reduktion von
lokalen (Thrombose, Infekt) und systemischen (Crush-Syndrom, Ischämie-Reperfusions-Syndrom)
Komplikationen wird ausdrücklich hingewiesen. Die postoperative Physiotherapie stellt
einen integralen Bestandteil der erfolgreichen Therapie dar, da nur durch intensive
und langanhaltende Physiotherapie das durch die Replantation geschaffene funktionelle
Potenzial richtig ausgeschöpft werden kann. Eine Kürzung dieser Leistung durch die
Krankenkassen ist deshalb nicht gerechtfertigt.
Trotz der initial bedeutend höheren Kosten und der längeren Behandlungsdauer ist eine
Replantation im Unterschenkelbereich - wenn technisch möglich, indiziert und gewollt,
einer Stumpfversorgung vorzuziehen. Bei exakter Indikationsstellung, einwandfreier
Operationstechnik und optimaler Nachbehandlung (Krankengymnastik, Sekundäreingriffe
usw.) können bessere funktionelle Ergebnisse als bei prothetischer Versorgung erreicht
werden, und eine psychische Beeinträchtigung durch die fehlende Körperintegrität tritt
nicht auf. Auch aus sozioökonomischer Sicht verursacht eine erfolgreiche Unterschenkelreplantation
auf lange Sicht deutlich geringere Kosten als eine primäre Stumpfversorgung mit frühzeitiger
prothetischer Versorgung.
Im Gegensatz zur Lokalsituation am Unterschenkel, für die es klinische, objektivierbare
Kriterien gibt, aufgrund welcher bereits am Unfalltag das funktionelle Ergebnis und
die Behandlungsdauer mit hoher Wahrscheinlichkeit vorhergesagt werden können, gibt
es derzeit noch keine objektiven Entscheidungshilfen für die Vorhersage der Auswirkung
der Replantation auf den Gesamtorganismus. Die Vorhersage des Replantationsrisikos
aufgrund subjektiver klinischer Erfahrung ist bei etwa 11 % der replantierten Patienten
nicht ausreichend. In diesen Fällen wird der Patient lebensbedrohlich durch die Replantation
gefährdet. Hier bleibt derzeit nur die „Schadensbegrenzung“ durch sofortige Reamputation
aus vitaler Indikation. Das Ziel zukünftiger Studien muss es sein, objektivierbare
Kriterien zu definieren, um eine derartige Gefährdung für den Patienten von vornherein
zu vermeiden.
Abstract
Because of better defined indications and operative concepts for replantation, and
better postoperative management, there has been a clear improvement of results. In
spite of the higher costs and the longer time of recovery after lower leg replantation
compared to primary amputation and early prosthetic fitting, replantation should be
carried out if possible, indicated and desired.
The importance of adequate debridement of any damaged tissue is the key to better
functional results, leading to the reduction of local (thrombosis, infection) and/or
systemic (crush-syndromes, ischemia-reperfusion-syndromes) complications. Postoperative
physiotherapy also plays a decisive role. The functional potential after replantation
can only be achieved if adequate physiotherapy is applied over an extended period
of time.
Provided exact indication, meticulous operative technique and adequate postoperative
physiotherapy, better functional results, lack of prosthesis-related problems and
lack of psychological disturbances caused by missing body integrity will result. On
the other hand, the lack of good replantation indicates primary amputation and early
subsequent prosthetic fitting in the benefit of the patient.
Contrary to the local situation at the lower leg, for which objective clinical criteria
are existing which predict with a high probability the functional outcome and the
duration of therapy at the time of injury, there are no objective criteria to predict
systemic impairment of the patient caused by the replantation. The actual forecast
based on subjective clinical experience is not sufficient for at least 11 % of the
replanted patients. In those cases there will be danger of life during the postoperative
period because of mono-, oligo-, or multiple organ failure requiring immediate secondary
reamputation to reduce harm for the patient. The aim of future studies must be an
objective predictive score in order to primarily avoid harm to such a patient.
Schlüsselwörter
Unterschenkel - Makroreplantation - Ischämie-Reperfusions-Syndrom
Key words
Lower leg - macroreplantation - ischemia-reperfusion-syndrome